07.11.2013

Jede_r verständlich?

Marie-Christina Latsch: _ Mind the Gap - Einblicke in die Geschichte und Gegenwart queerer (Lebens)Welten, Unrast-Verlag, Münster, 19,80 €

Bodo Niendel

„Mind the gap“ versammelt Kurzbiographien und Texte lesbischer, schwuler und trans* KünstlerInnen, Begriffserläuterungen und Dokumente queerer Geschichte. Doch hier beginnt bereits das Problem die/der LeserIn erfährt nicht, was die Grundlage der Auswahl ist. Warum wird die Schriftstellerin Gertrude Stein, der Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld, die Revolutionärin Rosa Luxemburg und der Regisseur Rosa von Praunheim in eine (Vor-)Geschichte von Queer subsummiert? Die unterschiedlichen Wege zu der heutigen queeren Theorie und Praxis bleiben im Nebel, da hinreichende Erläuterungen fehlen bzw. lediglich die subjektive Haltung der Herausgeberin spiegeln. Zudem wird gleich ein Manko offensichtlich, ein akademisch verbrämter Avantgardismus. So heißt es in einem Dokument: „Jede heterosexuelle Person mit einer einigermaßen kritischen Meinung versteht das Wort Heteronormativität.“ Vor fast einem Vierteljahrhundert erschien das Grundlagenwerk der Queer Theorie, Judith Butlers „Gender Trouble“ 1990, (Dt. „Das Unbehagen der Geschlechter“ 1991), das zur Initialzündung für eine kreative Theorie und Praxis wurde. Der Blick zurück tut deshalb not. Unbenommen meiner Kritik zeugt dieser Reader von dem sinnvollen Versuch einer Historisierung queerer Theorie und Praxis, der durchaus spannende Einblicke liefert. Denn Marie-Christina Latsch hilft viele weniger bekannte, zumeist lesbische Schrifstellerinnen und Künstlerinnen zu entdecken.

Zur Verlagsankündigung geht es hier [1]entlang.

Links:

  1. http://www.unrast-verlag.de/neuerscheinungen/mind-the-gap-415-detail