Satire

Mummenschanz und schwule Schweine

Uwe Schaarschmidt

In der Nacht vom 2. auf den 3. Juni 2005 hat es der bereits in Verwesung befindliche Papst a.D. Karol Wojtyla noch einmal krachen lassen: Drei Monate nach seinem Ableben beendete er per Wunder die Parkinson-Erkrankung der Nonne Marie Simon Pierre. Konnte die Ordensschwester noch am Abend nicht einmal mehr schreiben, war sie bereits am folgenden Morgen wieder in der Lage, problemlos alles zu tun, was Nonnen eben mit ihren Händen so machen.

Warum sich der Krakauer für sein Wunder nicht etwa ein großflächig verbranntes Kind oder eine Muslima aussuchte, der Säure ins Gesicht gegossen wurde, sondern ausgerechnet eine Nonne, die seit des Papstes Himmelfahrt lediglich den Arm nicht mehr stille bekam, fragt im Vatikan niemand. Warum auch? Wunder gibt es immer wieder, wie wir seit dem Song-Contest 1970 wissen. Vielleicht beim nächsten Mal.

Ebenso im Dunklen liegt, weshalb die Seligsprechung des Erzbischofs von San Salvador, Oscar Romero, sich so in die Länge zieht. Dieser war am 24. März 1980 von rechtsextremistischen Todesschwadronen während einer Predigt ermordet worden. Schon 14 Jahre später wurde das Projekt „Oscar Romero selig“ in Angriff genommen – allerdings bis heute noch nicht abgeschlossen. Es gibt Vorbehalte. Die zuständige Kongregation meint, dass nicht „Hass gegen den Glauben“ das Mordmotiv gewesen und Romeros Martyrium somit nur ein Martyrium 2. Klasse sei. Damit könnte sie sogar Recht haben. Schließlich war Romero eher als Befreiungstheologe bekannt geworden – und die Befreiungstheologie war seit jeher ein Sorgenkind des damaligen Papstes Wojtyla (jetzt selig, bald heilig).

Sein Kirchenvolk, wo immer es ging, gegen den Kommunismus oder das, was man so dafür hielt, aufzuhetzen, war dem erzreaktionären Wojtyla dagegen ein Herzensbedürfnis. Es ist zu vermuten, dass ihn sein Nachfolger, der ebenfalls erzreaktionäre Bayer Joseph Ratzinger genau dafür für anbetungswürdig erklärt hat, wobei die wundersame Heilung der Nonne im besten Fall ein willkommener, im schlimmsten Falle ein organisierter Anlass war, die Sache in Bewegung zu bringen. Man ist schließlich nicht zimperlich im Vatikan.

Der Seligsprechung Wojtylas durfte beispielshalber Robert Mugabe, der Präsident Simbabwes, beiwohnen. Der hat zwar einschließlich seiner Gemahlin Einreiseverbot in der EU – aber das gilt nicht für den Vatikan. So kam der Mann, den der – allerdings anglikanische – Erzbischof von Kapstadt und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu einst als „Karikatur eines afrikanischen Diktators“ bezeichnet hatte, in den Genuss von Ratzingers Gastfreundschaft. Verwunderlich ist dies nicht. Schließlich hatte Mugabe 1991 Homosexuelle als „minderwertiger als Schweine“ bezeichnet und einen Kreuzzug gegen Schwule gestartet, wonach diese in Simbabwe mit bis zu 10 Jahren Gefängnis rechnen müssen, wenn sie sich beim Schwulsein erwischen lassen. Das dürfte wiederum den jetzigen Papst Ratzinger seinerzeit tief beeindruckt haben. Der war damals noch Chef der Kongregation für die Glaubenslehre – so nennt sich die heilige Inquisition heute.

Nun mag es für einen aufgeklärten Menschen völlig egal sein, wer da in albernen Pantoffeln und Hüten umhergeht um krudes Zeug zu reden. Und ob man ihn anbeten darf, wenn er tot ist. Und wo. Für über eine Milliarde Menschen ist es aber nicht egal. Die erwarten von ihrer Kirche Erbauung im Hier und Jetzt. Zum Beispiel die 1,6 Millionen AIDS-Waisen in Simbabwe.