Streitend schreiten wir voran?

AkKu unterstützt bei Konflikten in linken Projekten

pf: Was macht der Arbeitskreis Konfliktunterstützung - AkKu?

Katja: Wir bieten linken Gruppen an, sie bei der Lösung von internen Konflikten zu begleiten. Unsere Angebote sind Mediation, Moderation, Konfliktberatung, längerfristige Prozessbegleitungen sowie Workshops zu den Themen Kommunikation und Umgang mit Konflikten.

Gerd: Das gibt es auch präventiv; d.h. es muss nicht erst einen manifesten Konflikt geben. So macht es Sinn, dass sich Gruppen schon im Vorhinein mit gewissen Dynamiken auseinandersetzen und dies auch zum Teil ihrer politischen Arbeit machen. Hierzu können wir zum Beispiel Gruppen durch die von Katja angesprochene längerfristige Prozessbegleitung unterstützen.

pf: Wie seid ihr zum AkKu gekommen?

Gerd: Die Idee für AkKu entstand, weil wir alle in selbstorganisierten Projekten engagiert sind oder waren und da auch frustrierende Erfahrungen gemacht haben. Mit Konflikten innerhalb der Gruppen wird sich nur selten auseinandergesetzt und so verlassen Personen die Gruppen oder die Gruppen lösen sich ganz auf.

Katja: Oft geht es darum, dass Gruppendynamiken nicht erkannt werden und dass es an Strategien fehlt, mit Konflikten und Stress produktiv umzugehen. Dann werden dafür Energien von der Gruppe weggezogen und deren Arbeit liegt brach. Da sagten wir uns: Das kann so nicht weitergehen. Da muss es doch noch andere Möglichkeiten des Umgangs mit Konflikten geben.

pf: Warum kümmert ihr euch gerade um linke Gruppen?

Katja: Weil da unsere eigenen Erfahrungen liegen und wir auch die Auseinandersetzung mit Konflikten als einen wichtigen Teil politischer Arbeit ansehen.

pf: Gibt es spezifischen linken Streit, linken Stress?

Gerd: Die Konflikte sind nicht unbedingt anders, sondern eher die Themen und der Umgang mit ihnen. Das hat schon eine eigene Dimension.

pf: Welche?

Gerd: Das sind meist selbstorganisierte Gruppen. Sie haben einen hohen Anspruch an sich selbst. Sie wollen zum Beispiel hierarchiefrei, zumindest hierarchiearm arbeiten. Sie haben viele Ideale. Aber genau das kann dazu führen, dass Konflikte unterdrückt werden, weil sie nicht in den eigenen Anspruch und das gewollte Selbstbild passen, wie zum Beispiel auch unterschiedliche Machtverhältnisse innerhalb einer Gruppe. Man will die eigenen Ziele nicht sabotieren. Linke Gruppen denken viel nach außen, sie wollen draußen in der Gesellschaft etwas verändern.

Katja: Teilweise schwelen Konflikte jahrelang und brechen auf, wenn es einfach nicht mehr anders geht. Gruppen unterliegen meist vielen Sachzwängen, mit denen sie im Alltag umgehen müssen. Die nächste Demo muss organisiert werden, das Dach vom Wohnprojekt muss gedeckt werden und schon gibt es keine Zeit mehr sich mit den internen Problemen auseinander zu setzen. Konflikte entstehen und können auch wegen fehlender Strategien des Umgangs, zu Konfliktvermeidung führen.

pf: Wie nehmen die Leute Kontakt zu euch auf?

Katja: Sie schreiben uns eine Mail, schildern ihr Anliegen und bringen zum Ausdruck, dass sie Unterstützung wünschen. Zumeist sind dies Schwierigkeiten in ihrer Gruppe, seltener kommt eine „präventive“ Workshopanfrage. Wir müssen dann schauen, dass tatsächlich alle involvierten Personen freiwillig teilnehmen wollen. Denn nur so kann das auch was werden.

Gerd: Dann müssen wir gemeinsam überlegen, was wir tun können und wie wir es angehen. Es kommt darauf an, ob das nötige Vertrauen da ist und ob auch die Kapazität für das gewünschte Verfahren da ist.

Katja: Hin und wieder gibt es Anfragen, wo es nach dem ersten Kontakt zu keinem Treffen mit uns kommt. Dann vergeht ein Jahr und die Gruppe meldet sich wieder und ist bereit sich mit sich auseinander zu setzen.

Gerd: Es gibt noch etwas Wichtiges. Was wir nie tun würden, ist für die Gruppe ein schon feststehendes konkretes Ergebnis zu befördern. Stell Dir vor, sie haben vor, eine Person rauszuwerfen. Und nun finden sie, das sei irgendwie nicht links und gar nicht nett. Und dann holen sie sich jemanden von außen, also uns, um dieses unschöne Ergebnis herbeizuführen. Wir sehen hingegen jedes Verfahren als ergebnisoffen an. Sicherlich können Rausschmiss oder die Trennung der Gruppe mögliche Lösungen sein. Aber nicht, wenn dies von vornherein feststeht.

pf: Wie viele Gruppen betreut ihr gerade jetzt im Augenblick?

Katja: Vier.

pf: Ihr beide macht einen extra-gelassenen Eindruck. Geradezu magisch. Habt ihr selbst keinen Stress wenn es bei euren vier Gruppen Stress gibt?

Katja: Ich fühle mich meist nicht gestresst. Die Außenperspektive macht es möglich. Wenn´s im Prozess schwierig wird, dann ist das eine spannende Herausforderung und eher eine Art positiver Antrieb.

Gerd: Das stimmt für mich nur teilweise. In manchen Situationen bin ich schon gestresst. Da stelle ich mir viele Fragen. Hätte ich anders handeln müssen? Hätte ich etwas besser machen können? Manche der Gruppen verfolgen ja auch echte Herzensangelegenheiten von mir. Dann ist da auch ein Druck, diese wichtige Arbeit, die sie machen, am Laufen zu halten. Aber Katja hat schon Recht. Wir kommen von außen und beim AkKu arbeiten wir auch immer zu zweit und können uns austauschen, also auf Intervision zurückgreifen. Was manchmal trotzdem stresst, sind die hohen Erwartungen, mit denen einige Gruppen auf uns zukommen. Es kann nicht klappen, einen fünf Jahre alten Konflikt in drei Stunden in einer großen Gruppe zu klären.

Katja: Stimmt. Das kann auch bei mir Stress auslösen. Deswegen müssen wir im Rahmen der Auftragsklärung immer sehr genau sein. Unsere Aufgabe ist es der Gruppe für den jeweiligen Auftrag einen Rahmen anzubieten und auch auf unrealistische Erwartungen aufmerksam zu machen. Denn nur wenn wir selbst stressfrei bleiben, ist das die Grundlage, um andere Personen bei deren Umgang mit ihrem Stress zu unterstützen.

pf: Vielen Dank für das Interview.

Katja und Gerd sind Mitglieder des Arbeitskreises Konfliktunterstützung. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten sind auf dem Blog: http://akku.blogsport.eu abrufbar. Das Interview führte Mark Wagner[1].

Links:

  1. http://www.kameradist-wagner.de/