Schön sperrig

Keine leichte Kost, aber hoch politisch: die Krimis von Deon Meyer

Christina Ujma

Der politische Roman hat weltweit eine Wiederauferstehung als Krimi erlebt. Diese Entwicklung kommt ursprünglich aus Skandinavien, wo im Gefolge des linken Autorenduos Maj Sjöwall/Per Wahlöö sich Heerscharen von Autoren und Autorinnen daran machen, Unterdrückung, Ausbeutung, Filz und Korruption im Rahmen von Detektivgeschichten aufzudecken. Der berühmteste ist der in Schweden und Mosambik lebende Henning Mankell, dessen Geschichten um den südschwedischen Polizeiinspektor Wallander ihm Bestsellerruhm eingebracht haben, den er auch zur Förderung progressiver Anliegen im südlichen Afrika einsetzt.

Besonders in Südafrika boomt der Polit-Krimi, auf spannende Art können LeserInnen hier erfahren, was aus dem hoffnungsvollen Aufbruch der Regenbogennation geworden ist. AutorInnen wie Margie Orford, Roger Smith oder Deon Meyer haben weltweit ein Millionenpublikum. Gerade die Romane Meyers erinnern dabei sehr an Mankell, sein Ermittler Bernie Griessel, wirkt wie ein Bruder Wallanders. Die Verbrechen, mit denen er zu kämpfen hat, unterscheiden sich aber doch deutlich von denen des schwedischen Kollegen. Denn Griessel ist als weißer Bure im Polizeidienst damit konfrontiert, dass die Polizei nicht mehr dem Apartheitsstaat, sondern der multiethnischen Demokratie dienen soll. Da zählen seine unbestrittenen Fähigkeiten als Ermittler oft weniger als seine Hautfarbe, was er gelassen nimmt. In Meyers neuestem Krimi „Sieben Tage“ spielen diesmal weniger die Probleme, die die affirmative action, also Quotenregelungen, die Polizei und Staatsapparat ethnisch diversifizieren sollen, eine Rolle, als der Verrat einiger Vertreter der alten ANC-Elite, die statt sozialer Gleichheit eher die eigene Bereicherung in den Mittelpunkt stellen. Griessel unternimmt bei seinen Ermittlungen wieder eine spannungsgeladene Reise durch die Wirklichkeit des neuen Südafrika. Wer diese Aspekte vertiefen möchte, wird in der Literaturliste fündig, mit denen Meyer in den neueren Romanen seine Quellen nachweist.

Die Krimis mit Bennie Griessel als Held sind gut geschriebene Detektivromane. Sie sind politisch aufschlussreich und immer packend erzählt. Meyer unterbricht die Griessel-Reihe aber gelegentlich durch Politthriller, die einer anderen erzählerischen Logik folgen. Einen stilistisch anspruchsvollen Thriller hat Deon Meyer mit „Rote Spur“ vorgelegt. Hier kombiniert er verschiedene Erzählformen, Dokumente und Presseberichte zu einem wirklich atemberaubenden Roman, jedenfalls wenn man die ersten einhundert Seiten überstanden hat. Hier bekommen wir auch einen Einblick ins ländliche südliche Afrika, ins Leben im Busch, das Spurenlesen, die großen Farmen und die dörfliche Idylle, die zum Rückzugsort von Rassisten und Nostalgikern geworden ist.

Allerdings ist das nur einer der vier Handlungsstränge, die anderen sind in der Stadt angesiedelt, im Geheimdienstmilieu der Vorstadt und der Welt privater Ermittler. Das führt zu thematischer Überladung, wie einige Kritiker bemängelten. Zu betonen ist jedenfalls, dass „Rote Spur“ kein glatter Thriller, keine Dutzendware aus der Schreibmanufaktur ist. Ganz im Gegenteil, mit der klassischen detektivischen Auflösung geizt er. Da müssen sich die Leser schon selbst einen Reim auf die Geschichte machen. Das macht „Rote Spur“ etwas sperriger als den Durchschnittsthriller, was manche LeserInnen als anstrengend andere jedoch als reizvoll empfinden werden.

Christina Ujma ist Kulturwissenschaftlerin. Sie lebt in Berlin und schreibt regelmäßig u.a. für prager frühling. freitag und Sozialismus.

Bibliographische Angaben:

Deon Meyer: Rote Spur. TB Berlin: Rütten & Loening 2013. 625 Seiten. 9,90 Euro.

Deon Meyer, Sieben Tage, Rütten und Loening, Berlin 2012. Gebundene Ausgabe 19,90