Mächtig Feministisch

Joyce Banda: Malawi wird von einer bekennenden Frauenrechtlerin regiert

Stefan Gerbing

Auf der Forbes-Liste der einhundert einflussreichsten Frauen wird Joyce Banda als mächtigste Frau Afrikas geführt. Bandas Amtsantritt als Präsidentin des südostafrikanischen Staates Malawi im April vergangenen Jahres war spektakulär. Vorgänger Bingu wa Mutharika versuchte bereits vor Jahren, seine Vizepräsidentin Banda zu ermorden. Als der 78jährige im Amt verstarb, versuchte sich sein Bruder an die Macht zu putschen. Joyce Banda gelang es das Komplott aufzudecken. Wie in der Verfassung vorgesehen wurde sie schließlich Staatschefin.

Joyce Banda

Eine Frau an der Staatsspitze bedeutet nicht per se eine Infragestellung patriarchal geprägter Machtstrukturen oder eine Öffnung für feministische Anliegen. Dies haben zuletzt Mala Htun und S. Laurel Weldon festgestellt, die nachweisen, dass feministische Basisbewegungen viel entscheidender z.B. für den Schutz von Frauen vor häuslicher und sexualisierter Gewalt sind. (1) Bandas Karriere ist allerdings eine Bekräftigung und keine Widerlegung dieser These. Nicht zuletzt unter dem Eindruck der frühen Frauenrechtsbewegung in Kenia, wo Joyce Banda in den 1970er Jahren lebte, verließ die damals 25jährige Mutter von drei Kindern ihren gewalttätigen Ehemann. Zu einer Zeit, wie sie selbst sagt: „In der man so etwas eigentlich nicht machte.“ In den folgenden Jahren engagierte sie sich als Grassroots-Aktivistin und Gründerin verschiedener Frauenorganisationen. Als Ministerin für Frauen, Kinder und kommunale Einrichtungen, später als Außenministerin adressierte sie immer wieder Fragen reproduktiver und sozialer Rechte. Sie setzte sich für den Schutz von Frauen vor Gewalt ein und wandte sich gegen die Diskriminierung von Homosexuellen.

Bereits in den ersten Monaten ihrer Amtszeit hat Banda eine Reihe überraschender und teilweise mutiger Initiativen gestartet. Eine Ihrer ersten Amtshandlungen: Sie verkaufte den Regierungsjet und 60 Mercedes-Limousinen aus dem präsidialen Fuhrpark. Ihr eigenes Gehalt kürzte sie um 30 Prozent auf etwas über 30.000 Euro pro Jahr. Das halbjährliche Gipfeltreffen der Afrikanischen Union, das in Malawi stattfinden sollte, wurde verlegt, weil sie ankündigte, den sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Bashir festnehmen zu lassen. Wegen des Völkermordes in Darfur liegt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen al-Bashir vor. Im November setzte sie ein aus der Kolonialzeit stammendes Gesetz, das Homosexualität unter Strafe stellt, aus.

Für die Zukunft hat sie sich viel vorgenommen: „In fünf Jahren möchte ich in einem Malawi leben, in dem die Menschen frei sprechen können, Menschenrechte respektiert werden, Menschen besser leben.“ Dies wird nicht allein davon abhängen, ob es ihr gelingt, sich gegenüber den politischen Eliten in Malawi und bei den Wahlen 2014 zu behaupten. Malawi ist arm und von internationalen Geldgebern abhängig. IWF und Weltbank diktieren harte Bedingungen. Die vom IWF geforderte Währungsabwertung und die darauf folgende Inflation von fast dreißig Prozent bewirkten eine massive Verteuerung der Grundnahrungsmittel. Dies trifft den Großteil der malawischen Bevölkerung hart.

Das Problem der mächtigsten Frau Afrikas: Vor ihr stehen 70 andere auf der Forbes-Liste. Frauen aus Europa und den Vereinigten Staaten wie IWF-Chefin Christine Lagarde oder Angela Merkel.

Joyce Banda ist seit dem 7. April 2012 im Amt, vorher war sie Außenministerin und Vizepräsidentin. Die 62-jährige wurde 1950 im britischen Protektorat Nyasaland geboren. Mit der Unbhängigkeit 1964 erfolgte die Umbenennung in Malawi. Sie ist in zweiter Ehe verheiratet und Mutter von fünf Kindern. Das Portrait von Joyce Banda schrieb Stefan Gerbing.

Anmerkungen

1 The Civic Origins of Progressive Policy Change: Combating Violence against Women in Global Perspective, 1975–2005. American Political Science Review,106, S. 548.