Gretchenfrage

Sage mir, wie hältst du‘s mit dem Unterhalt?

Christiane Rösinger, große Künstlerin

Zum Thema Unterhalt fällt mir wirklich gar nix ein. Ich lehne die romantische Zweierbeziehung (RZB) und die Paarbeziehung und die heilige Familie ab, Unterhaltsfragen sind für mich Fragen aus einer mir fremden Welt. Natürlich muss so was wie Kindesunterhalt irgendwie geregelt werden, aber mir fällt da nichts Gescheites dazu ein.

Maria Wersig, Juristin

Ehegattenunterhalt ist kein Zukunftsmodell! Er wurde erfunden, um unbezahlte Arbeit im Haushalt privat abzusichern. Ehefrauen tauschten nach den Rechtsvorstellungen von 1900 Unterordnung und Hausarbeit gegen Unterhalt. Als Scheidungen leichter möglich und häufiger wurden, sollte der nacheheliche Unterhalt dafür sorgen, Geschiedene nicht nach Jahren der Hausfrauenehe im Regen stehen zu lassen. Unterhalt ist und war aber immer schon ein trügerisches Versprechen – der ehemalige Partner kann zum Beispiel zu wenig verdienen, um überhaupt Unterhalt leisten zu müssen. Diese „Mangelfälle“ sind in der Praxis die Regel und die Unterhaltsrechtsreform 2008 hat das Problem verschärft. Finanzielle Unabhängigkeit ist eine gleichstellungspolitische Notwendigkeit – stattdessen setzt man mit Unterhalt, Ehegattensplitting und Minijobs auf Abhängigkeit und Zuverdienst. Es fehlt ein Leitbild der eigenständigen Existenzsicherung aller Staatsbürger_innen.

Beate Müller-Gemmeke, MdB DIE GRÜNEN

Nun, ich zahle meinen Söhnen Unterhalt – beide sind am Übergang von der Abhängigkeit zur Eigenständigkeit. Ich tue das gern und meine Kinder sind dankbar für die Freiheit, die sie dadurch haben – sie können ohne Existenzsorgen ihr Leben gestalten, selbst über ihren Weg entscheiden. Genau diese Freiheit sollte allen zuteil werden — unabhängig von Verwandtschaftsverhältnissen. Wenn wir mit Gleichstellung der Geschlechter und sozialer Gerechtigkeit ernst machen wollen, geht das nur mit dem Prinzip der Eigenverantwortung – mit einem bedingungslosen Grundeinkommen, das die Existenz von Personen sichert anstatt bestimmte Lebensentwürfe zu alimentieren. Ein Grundeinkommen bedeutet – etwa für Frauen – dass sie nicht nur als Mütter und/oder Ehefrauen auf die Solidarität der Gesellschaft vertrauen können, sondern als Persönlichkeiten, denen die Gesellschaft die Fähigkeit zur Eigenverantwortung zugesteht. Soziale Sicherung darf nicht festhalten und Menschen in Strukturen zwängen – sie muss unterstützen, in die Selbstständigkeit der Menschen vertrauen und sie fördern.

Edith Schwab, Vorsitzende des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter

Alleinerziehende stemmen oft den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder ganz allein, obwohl ein gesetzlicher Anspruch auf Unterhalt besteht. Unterhaltszahlungen für Kinder und Unterhalt für getrennt lebende Expartner/innen, die ein gemeinsames Kind betreuen, sind jedoch Teil der elterlichen Sorgeverantwortung für ein Kind. Werden sie nicht geleistet, ist dies eine grobe Pflichtverletzung und treibt die Unterhaltsberechtigten oft in Existenznöte und Armut. Für die Lebensplanung junger Frauen heute ist es angesichts des aktuellen Unterhaltsrechts nicht ratsam, sich – auch in bestehenden Lebensgemeinschaften, egal ob mit oder ohne Trauschein – finanziell vom Partner abhängig zu machen: Die Zeit des Ernährermodells ist vorbei: Die beste Existenzsicherung für eine Frau ist ein gutes Erwerbseinkommen. Wer für ein Kind beruflich zurücksteckt, und sei es auch nur für kurze Zeit, ist gut beraten, Unterhaltspflichten des Partners oder der Partnerin für den Fall einer Trennung vorsorglich vertraglich festzulegen.

Pia Kaiser, Politologin

Das Unterhaltsrecht hat eine stark geschlechtsspezifische Komponente. Da, im Gegensatz zu den Vätern, die meisten Mütter ihre Erwerbsarbeitszeit reduzieren, sinkt nach einer Trennung der Lebensstandard für sie und ihre Kinder dramatisch. Die Formel: „Vollzeiterwerbsarbeit für alle Eltern“ geht nicht auf, weil selbst wenn dies der Arbeitsmarkt her gäbe, immer mehr durchsickert, dass Kinder uns Eltern mehr als nur eine Stunde am Tag – die durchschnittliche Dauer, die Eltern mit ihren Kindern pro Tag verbringen – brauchen. Bitter nötig ist deshalb ein Gesellschaftsmodell, das es ermöglicht, genügend Zeit mit unseren Lieben zu verbringen und gleichzeitig eine eigenständige Existenzsicherung aufzubauen. Letzteres wird obendrein dadurch erschwert, dass viele Mütter in Berufen arbeiten, in denen sie selbst bei durchgängiger Vollzeitanstellung nur eine unterdurchschnittliche Altersrente erwerben können.

Claudia Jobst, Parteivorstand DIE LINKE

Wenn man sich das BGB genau anschaut, stehen im Zusammenhang mit Familienunterhalt die Ehegatten. Aha! Was ist aber mit unverheirateten Paaren, gleichgeschlechtlich Liebenden, Menschen, die in Wohngemeinschaften zusammen leben oder aber einfach als Freund*innen füreinander da sind. Ach, die betrifft dieser Punkt nicht!? Vielleicht auch gar nicht so schlecht, denn im Gesetz wird von Arbeit und Vermögen gesprochen, worauf sich der Familienunterhalt bezieht. Damit verbunden wird festgelegt, was gute Arbeit ist und welche Leistungen belohnt werden. Niemand honoriert die eigentliche Arbeit der Kindererziehung, die Muße und Weiterentwicklung sowie die Teilhabe am öffentlichen Leben wie das Ehrenamt. Mit der Einsetzung des Grundeinkommens könnte man sich auf andere Fragen konzentrieren. So könnten alle an einer Mindestsicherung partizipieren – aber auch alle gleichberechtigt am Familienleben, an Bildungsmöglichkeiten oder an gesellschaftlichem Leben teilhaben.