19.11.2013

CV-Dazzle

Mode versus Überwachungsgesellschaft

Für die Protestbewegungen in Europa und Nordafrika spielen soziale Netzwerke im Web 2.0 eine ambivalente Rolle. Als Diskussions- und Mobilisierungsplattformen trugen sie zum Erfolg von Aktionen bei. Andererseits bieten soziale Netzwerke Repressionsorganen die Möglichkeit, AktivistInnen zu identifizieren. Facebook und andere Anbieter haben mittlerweile praxistaugliche Gesichtserkennungssoftware (abgekürzt CV für Computervisualistik) entwickelt. In Kombination mit Fotohandys eröffnen sie Polizei und Geheimdienste neue Möglichkeiten. Gegenstrategien gibt es bisher kaum: Die gute alte Skimaske passt oft nicht zum Outfit, im Sommer ist sie zu warm und an vielen Orten, z. B. auf Diskussionsveranstaltungen ist sie keine passende Bekleidung. Auf Demonstrationen darf sie in Deutschland gar nicht getragen werden und ein Verstoß hat zuweilen schmerzhafte Folgen.

Der New Yorker Künstler Adam Harvey experimentiert mit einer Technik, die den Schutz vor Gesichtserkennungssoftware auch ohne Vollvermummung erreichen soll. Die Idee stammt von dem britischen Künstler Norman L. Wilkinson. Im Ersten Weltkrieg entwickelte dieser eine als Dazzle-Tarnung bezeichnete Bemalung für Kriegsschiffe, die deutschen U-Booten die Zielerfassung erschweren sollte. Da es nahezu unmöglich ist, ein Kriegsschiff auf dem Ozean zu verstecken, sollten großflächig aufgebrachte asymetrische Muster Größe und Bewegungsrichtung der Schiffe verschleiern und eine Schätzung der Geschwindigkeit erschweren. Das selbe Prinzip nutzt Harvey, denn was die deutschen U-Boot-Kommandanten verwirrte, stört auch die elektronische Gesichtserkennung. Auf der nächsten Seite erläutern wir, wie CV-Dazzle funktioniert.

Mehr Infos und Stylingtips gegen Überwachung auf www.cvdazzle.com.

Bild 1

Vermeide alles, was die Strukturen des Gesichts verstärkt. Eyeliner sind ein absolutes Tabu. Stattdessen helfen Muster (s. auch Abbildung auf der linken Seite) Personenerkennungssoftware zu verwirren. Frisuren sollten nach Möglichkeit Teile des Gesichts verdecken.

Bild 2

Für die meisten Gesichtserkennungsalgorithmen spielt die Nasen- und Augenpartie eine zentrale Rolle. Das Verdecken der Nase durch Haarsträhnen hat sich im Test bewährt. Die unterschiedliche Einfärbung der Haare und die Kombination von gelockten und glatten Partien verstärkt den erwünschten Effekt noch.

Bild 3

Auch bei diesem Beispiel sind es die Haare, die es der Gesichtserkennungssoftware erschweren, Muster zu erkennen. Unterschiedlich eingefärbte Haarsträhnen und ungewöhnliche Formen verstärken diesen Effekt.