Gesagt wird – Richtig ist

Gesagt wird: Die SPD hat sich für eine Koalition mit der Linkspartei geöffnet.

Richtig ist: Die SPD beschloss auf einem Parteitag, dass sie offen für Koalitionen mit allen anderen Parteien ist – auch der LINKEN. Das ist vor allem der Einsicht geschuldet, dass es für Rot-Grün alleine im Bund nicht reicht. Der Zeitpunkt des Öffnungsbeschlusses legt den Verdacht nahe, dass hier innerparteiliche Taktik im Spiel war. Womöglich war diese Öffnung auf dem Papier einfach ein Zugeständnis gegenüber den SPD-Linken, um im Gegenzug eine höhere Zustimmung beim Mitgliederentscheid zum Koalitionsvertrag zu bekommen. In der Tat kann die SPD nun allerdings den Kurs der Ausschließeritis gegenüber der LINKEN nicht mehr ohne konkrete Begründung fortsetzen.

Stimmt es, dass sich die SPD nach links geöffnet hat?

Gesagt wird: Auch die Grünen haben sich nun in Richtung LINKE geöffnet. Das macht RotRotGrün in 2017 wahrscheinlicher.

Richtig ist: In der Tat haben auch die Grünen eingesehen, dass es allein für RotGrün im Bund nicht reicht. Deswegen haben sie sich in beide Richtungen geöffnet. Diese Öffnung ist verbunden mit der Ansage, sich auf kein politisches Lager festlegen zu wollen. RotRotGrün ist für sie also genauso möglich wie SchwarzGrün. Diese Ansage ist wiederum eine Absage an RotRotGrün als ein gesellschaftliches Hegemonieprojekt. RotRotGrün ist dann erstrebenswert, wenn es für wirkliche Gesellschaftsveränderung steht und zum Motor für den sozial-ökologischen Umbau wird. Das setzt voraus, dass es als gesellschaftliches Projekt verstanden wird und die potentiellen Partner*innen auf eine progressive Verschiebung des Zeitgeistes hinarbeiten. Um nur ein Beispiel dafür zu nennen: Je weniger wirkungsmächtig die Hetze gegen Flüchtlinge und Migrant*innen am Stammtisch verfängt, desto leichter ist ein menschlichere Flüchtlingspolitik dann auch umzusetzen.

Gesagt wird: Die LINKE müsse weniger ideologisch werden, damit sie regierungsfähig wird.

Richtig ist: RotRotGrün wird nicht dadurch wahrscheinlicher, dass Die LINKE vorauseilend ihre Prinzipien über Bord wirft, damit an Profil verliert und infolgedessen schlechtere Wahlergebnisse einfährt. Nicht Profillosigkeit der Linken befördert RotRotGrün, sondern vielmehr die Verständigung von Schnittmengen und Reformprojekten, die wirkliches Veränderungspotential haben. Ein mögliches Beispiel wäre die Energiewende. Für eine Energiewende mit Sozialsiegel braucht es vielerlei: Kompetenzen bei Förderung von Erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz; Engagement für Preismodelle, die kollektives Frieren und Im-Dunkeln-Sitzen der Ärmsten verhindern; gewerkschaftliche Verankerung sowie Mut, sich mit den großen Stromkonzernen anzulegen und dezentrale Lösungen durchzusetzen. Wer Vattenfall den Stecker ziehen will, muss damit rechnen, mehr als einen Schlag zu bekommen. Hier könnten – rein theoretisch zumindest – alle etwas einbringen.

Gesagt wird: Wenn wir uns nicht an SPD und Grüne anbiedern, bleiben wir unseren Idealen treu

Richtig ist: Die Politik der reinen Hände ist eine Illusion. Ersten: Der Verbleib in der Opposition schützt nicht vor Opportunismus. Dafür finden sich genügend Beispiele in der Praxis. Zum Glück auch viele Gegenbeispiele. Zweitens: Nicht nur verratene oder aufgegebenen Grundsätze stehen im Sündenregister , sondern auch die Unterlassungssünden. Abgründe lauern links und rechts: Anpassung und Opportunismus hier, Dogmatismus und Unterlassungssünden da. Die Kunst der Politik ist die Kunst des Balancierens.

Gesagt wird: Die LINKE sei (noch) nicht regierungsfähig, weil sie außenpolitisch nicht zu verlässig sei.

Richtig ist: Im Bereich der Außenpolitik ist eine mögliche Kompromissfindung zwischen SPD und Grünen einerseits und der LINKEN andererseits besonders schwer. Um einen Kompromisshorizont zwischen acht Euro und zehn Euro Mindestlohn abzustecken, braucht es nicht viel Fantasie. Es gibt jedoch keine halben Kriegseinsätze und die LINKE hat aus guten Gründen entschieden, keinen Auslandseinsätzen der Bundeswehr zuzustimmen. Die Bilanz militärischer Mittel bei der Lösung von Konflikten ist weiterhin schlecht. Der sichere Verzicht auf Kriegseinsätze und ein Stopp von Rüstungsexporten führt zu einer friedlicheren Welt und damit zu einer verlässlicheren Außenpolitik.

Gesagt wird: Die Linke muss sich zwischen Protest und Gestaltung entscheiden.

Richtig ist: Weder soziale Bewegungen noch Regierungsbeteiligungen können wir wie ein Taschenmesser mit uns führen und nach Belieben auf- oder zuklappen. Voluntarismus hilft hier nicht weiter, da wir nicht im luftleeren Raum, sondern immer unter konkreten Umständen Politik machen. Zudem unterstellt diese Aussage, sich für 50% weniger Protest zu entscheiden führe zu 50% mehr Gestaltung. In der Regel sind Fortschritte von Regierungen dann errungen worden, wenn es auch Protest gab bzw. eine unterstützende gesellschaftliche Bewegungen. Und Proteste werfen in der Regel schnell die Frage nach einem Regierungswechsel auf. Entscheidet sich die LINKE einseitig zwischen Protest und Gestaltung landet sie entweder als formal unabhängiger, aber de facto linker Flügel der SPD oder wird zu einer protestaffinen Kleinstpartei unter 5%.

Gesagt wird: Man muss für kommende Generationen sparen.

Richtig ist: Wenn notwendige Investitionen in Bildung, Infrastruktur oder ökologischen Umbau unterbleiben, schadet das den gegenwärtigen und den zukünftigen Generationen. Um für die kommenden Generationen eine lebenswerte Gesellschaft zu schaffen, braucht es eine Reduktion der CO2-Emission, damit einen finanzintensiven ökologischen Wandel und ein gut funktionierendes Gesundheitssystem: Wer will schon Kinder bekommen, wenn wie in Griechenland in den Krankenhäusern die Geburt Geld kostet und zu wenig Plastikhandschuhe zur Verfügung stehen. (Man muss ja sparen!) Wem ausgeglichene Haushalte so wichtig wie Investitionen für die kommende Generation sind, muss eben auch bereit sein, die Vermögen und Einkommen der Millionäre umzuverteilen.