Massendissidenz in Merkelland

Thesen der Redaktion zur Flüchtlingspolitikkrise

1. Zivilgesellschaft treibt „Entscheider*innen“

„Flüchtlingskrise“ hat sich als Schlagwort im politischen Alltagsgeschäft durchgesetzt. Der Begriff transportiert viel Falsches. Dennoch: „Krise“ ist vom altgriechischen Verb krínein, „(unter-)scheiden“ abgeleitet. Eine Entscheidungssituation erleben wir derzeit in der Tat. Nach den bleiernen Jahren der Ära Merkel, die auf die Schröderschen Basta-Jahre folgte, ist jetzt die Artikulation politischer Konflikte so lautstark wie selten hörbar. Plötzlich entsteht politisches Handeln jenseits des Erlasses von Verwaltungsvorschriften durch sogenannte „EntscheiderInnen“. Es gibt die Massendissidenz jener, die nach Ungarn und Griechenland aufbrechen, um Fluchthilfe zu leisten und sich damit der Gefahr aussetzen als „Schlepper“ verfolgt zu werden. Privatpersonen begeben sich aufs Meer, um das Leben von Menschen zu retten, weil sie das Sterben in der Ägäis nicht mehr schlafen lässt. Unternehmer_innen weigern sich, Stacheldraht nach Ungarn[1] zu liefern.

Es gibt die Massendissidenz jener, die sich gegen die Notstandsinszenierung der Flüchtlingsverwaltung wehren und Geflüchtete dabei unterstützen, grundlegende Rechte in Anspruch nehmen zu können. Und es gibt jene, die mit praktischer Hilfe Flüchtlinge vor den Verelendungsstrategien der Orbáns, Seehofers und Hermanns schützen. Mittlerweile haben fast 50 Prozent aller in Deutschland Lebenden durch einen konkreten Akt der Unterstützung von Flüchtlingen durch Geld oder Tat bekundet, dass die Genannten nicht in ihrem Namen sprechen. Die Zivilgesellschaft hat mit ihrem Einsatz die Entscheider*innen getrieben.

This is a movement - Refugees Welcome - Demonstration in London

2. Willkommen in der Flüchtlingspolitikkrise

Der Begriff „Flüchtlingskrise“ führt in die Irre, denn wir haben keine Flüchtlingskrise, sondern eine „Flüchtlingspolitikkrise“. Deutsche Regierungen haben sich in den vergangenen 20 Jahren darauf verlassen, dass jene, die nicht im Mittelmeer ertrinken, von einem Kordon „sicherer Drittstaaten“ aufgehalten werden. Die Dublin-Verordnung, die den Namen der irischen Hauptstadt auf Jahrzehnte beschmutzt, sollte dafür sorgen, dass, wer es doch schaffte, schnell wieder fortgebracht wird. Diese Politik hat insbesondere im Süden Europas Zonen geschaffen, in denen für Migrant_innen alle Menschenrechte suspendiert sind und Verelendung und Gewalt vorherrschen. Diese Politik musste scheitern, als Griechenland nicht mehr willens und Italien nicht mehr in der Lage war, diese Zonen der Rechtlosigkeit aufrecht zu erhalten. Sie musste scheitern, als die syrischen Flüchtenden, die auf den Straßen türkischer Großstädte oder in überfüllten Lagern im Libanon und Jordanien überleben, keine Hoffnung auf einen Ausweg aus ihrer verzweifelten Lage mehr hatten, die sie von einer Weiterreise hätte abhalten können.

Kurz entstand der Eindruck, wenigstens Merkel wollte Konsequenzen aus dem notwendigen Scheitern ziehen. Wichtiger als die Wiederholung von „Wir schaffen das“, war ihr: „Es gibt den Aufnahmestopp nicht.“ Es sei denn, man baute eine 3.000 Kilometer lange Mauer ... Die Halbwertszeit der Erkenntnis war kurz: Eine Woche später dominieren wieder die Konzepte „Schlagbaum“ und „Sachleistungsprinzip“. Beide passen nicht mehr in ein von Massenmobilität gekennzeichnetes 21. Jahrhundert.

3. Ein Sprung in der Scheibe

Das Perfide an der Politik der derzeitigen Bundesregierung: Sie liefert ihre eigene Opposition von rechts gleich mit. Merkels spaltbreite, temporäre Grenzöffnung bedient ihre Rolle als Kanzlerin „aller Deutschen“, in dem sie auch den humanistisch gesinnten Staatsbürger_innen ein Identifikationsangebot liefert. Währenddessen lärmen CSU und die rechtsblinkende Junge Union mit schrillen und grundgesetzwidrigen Forderungen nach Obergrenzen für Flüchtlinge. Selbst manche SPDler und Grüne verlieren in dem Getöse Ihren Richtungssinn.

Dennoch geschieht gerade eine bemerkenswerte Neuorientierung in allen politischen Lagern. Die Bruchlinien in der Flüchtlingsfrage treten nicht zwischen zwei Lagern, sondern als sich verästelnder Sprung auf, der die verschiedensten politischen Interessengruppen durchzieht. So durften wir beispielsweise in den letzten Wochen dem vermeintlich „wirtschaftsweisen“ H.W. Sinn lauschen, der die Hoffnung der Unternehmen, die in den ankommenden Flüchtlingen eine verwertbare Masse qualifizierter Arbeitskräfte sehen wollen, einstampfte. Nach der Behauptung, die Geflüchteten seien weder qualifiziert noch arbeitswillig, kommt er auch gleich mit dem Vorschlag um die Ecke, den gerade erst eingeführten Mindestlohn wieder abzuschaffen. Damit gießt er Öl auf die Feuer all jener, die in diesen Wochen wieder vermehrt auf die Straße gehen. Die Bewegung aus AfD, Pegida, und all jenen Ich-bin-ja-kein-Nazi-Abers.

Die Linke und vor allem DIE LINKE müssen genau hier eingreifen und Merkels Doppelkurs aufdecken. Die aktuelle Mehrheit derer, die sich für eine humane Flüchtlingspolitik aussprechen, darf nicht kippen. Gerechtigkeitsempfinden und humanistische Ideale sind die Punkte, an denen die Linke ansetzen muss. Die Teile der Gesellschaft, die in den letzten Wochen und Monaten in der Flüchtlingshilfe aktiv waren, haben damit ein klares politisches Statement abgegeben. Es ist eine der zentralen Aufgaben der Linken, groß und klein geschrieben, dieses Statement aufzugreifen und zu unterstützen.

4. Die Botschaft der Migration

Mit den Flüchtlingsbewegungen platzt die Systemfrage in die bis dato vermeintlich heile Welt des Merkelschen Biedermeiers. Sie führen uns unsere Mitverantwortung am Zustand dieser Welt vor Augen. Auch wenn keiner der Geflüchteten es sich wirklich ausgesucht hat und wohl eher der Wunsch auf ein gutes Leben sie antrieb als der Wunsch, politische Botschaften zu übersenden. Sie tragen doch eine Botschaft nach Europa. Und die lautet: So wie wir wirtschaften und handeln, wie wir arbeiten, konsumieren, Politik mache, so wie wir leben, kann es nicht weiter gehen. Die Flüchtlingsbewegungen nach Europa verweisen auf ein grundlegenderes Problem: auf die Ungerechtigkeit unserer Weltwirtschaftsordnung. Die Vielen, die in großer Not die Grenzen überwinden, führen uns damit die Begrenztheit der kapitalistischen Ordnung heute vor Augen.

Nun würde es womöglich zu weit führen, die Geflüchteten als das neue revolutionäre Subjekt, wenn auch wider Willen, zu bezeichnen. Aber ganz sicher setzen sie die Verteilungsfrage im globalen Maßstab auf die Agenda. Der Slogan der Refugee-Bewegung „Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört“ drückt genau diese Einsicht aus. Dabei geht es weniger um eine individuelle direkte Schuld des Einzelnen. Jedoch gibt es so etwas wie kollektive Verantwortung dafür, dass Ausbeutung und Umweltverschmutzung nicht so fortgeführt werden wie bisher.

Unser Wohlstand hier basiert auf einer doppelten Ausbeutung dort: der Ausbeutung von Naturressourcen sowie der menschenunwürdigen Ausbeutung von Arbeitskräften, z.B. in Textilfabriken in Bangladesch, auf Kaffeeplantagen, in Minen oder abgeholzten Regenwäldern. Die Beteiligung westlicher Konzerne und Banken am Landgrabbing, dem faktischen Landraub, und Ocean-Grabbing, also dem industrialisierten Fischraub, entziehen Menschen gerade in Afrika die Lebensgrundlage. Die von der EU autoritär durchgesetzten Freihandelsabkommen („Epas“) tragen ihr Übriges dazu bei, in Afrika die lokalen Märkte zu zerstören. Das bisschen, was Flüchtlinge also hier zum Überleben erhalten, ist gemessen an der Überausbeutung der ärmeren Länder verschwindend wenig.

Nicht nur mehr, sondern ganz anders – so ließe sich das Motto einer wirklich hilfreichen Entwicklungszusammenarbeit zusammenfassen. Das Schändliche und für Afrikas Entwicklung Schädliche, namentlich die Beteiligung an Landraub und Fischraub, zu unterlassen, könnte schon mal viel bewirken. Ergo sollte allen unter EU-Flagge fahrenden Schiffen die Überfischung vor Afrikas Küsten verboten werden. Allen in der EU ansässigen Firmen und Banken muss zudem die Beteiligung an Firmen, die am Landraub und damit an der Vertreibung von Menschen beteiligt sind, untersagt werden.

5. Wirtschaftsflüchtlinge — #LastTweet

Der Begriff des Wirtschaftsflüchtlings dient lediglich zur Denunziation von Menschen, die in Hoffnung auf ein besseres Leben fliehen. Wenn es Wirtschaftsflüchtlinge gibt, also Menschen vor einer Wirtschaftsordnung fliehen, dann wäre es Zeit, diese zu verändern. In Zeiten eines globalen Kapitalismus kann niemand mehr auf die Priorität der Revolution im eigenen Land verweisen. Die Ökonomien sind global zu eng verflochten, als das man sich als eine der größten globalen Ökonomien einfach sagen könnte: Die Armut der anderen geht mich nichts an.

Deshalb ist es richtig, die Einwanderung von Menschen, die nicht von Artikel 16 des Grundgesetzes oder nicht durch die Genfer Flüchtlingskonvention geschützt sind, zu ermöglich. Nicht mit dem primären Ziel der Begrenzung und Steuerung, sondern mit dem Ziel der Verrechtlichung.

6. Die alte Zeit kommt nicht zurück

Jene, die zur gescheiterten Politik der gewalttätigen Abschottung zurückkehren wollen, versuchen, den revolutionären Geist in einen Zermürbungskrieg zu ersticken. Wer statt schnellstmöglich Wohnungen zu bauen, SozialarbeiterInnen und Deutschlehrer_innen einzustellen, für geordnete Verwaltungsverfahren zu sorgen, die Unterbringung und Versorgung von neu Ankommenden den Bürger*innen und AktivistInnen überlässt, will dass diese irgendwann erschöpft und frustriert sind und sich als politische Akteur_innen zurückziehen. Die Logik: Wer gespendete Kleidung sortiert, demonstriert nicht. Denn ein Vorteil von Pegida und AfD ist, sie müssen nur hetzen. FlüchtlingsaktivistInnen müssen beides: revoltieren und retten.

Und doch wird dieser Versuch der Demobilisierung fehlschlagen, die bequeme bleierne Zeit, sie kommt nicht zurück. Denn die Solidarität, die Millionen Menschen geübt haben, hat Deutschland verändert. BürgerInnen, die einst nur Hilfe leisten wollten, haben dabei politisch gehandelt. Sie werden sich nicht einfach zurückziehen, wenn jetzt die Abschiebe- und Abschottungsmaschinerie anläuft.

7. Politisches Subjekt essen Paternalismus auf

Die Bundesrepublik wird sich durch die Geflüchteten verändern. Sie werden sich schließlich als politische Subjekte artikulieren, sich in Vereinen und Parteien organisieren oder selbst welche gründen. Wenn ihnen die Rechte nicht gewährt werden, werden sie dafür kämpfen. Das Feuer des arabischen Frühlings in der Levante und im Maghreb wurde in Bürgerkriegen und neuen Diktaturen erstickt. Die Glut dieser Emanzipationsbewegungen tragen viele noch in sich. Das politische System der Bundesrepublik und die Verfasstheit der Europäischen Union wird sich darin beweisen müssen, ob sie die Hoffnungen auf Demokratie erkalten lassen oder diese Flamme am Leben halten. Wenn jene Neuangekommenen feststellen, dass die hiesige Demokratie ihnen ähnliche Beschwernisse auferlegt, sie genauso mundtot macht, wie die Regierungen von Warlords und korrupten Eliten, dann werden sie sich womöglich von der Idee der demokratischen Entscheidungsfindung abwenden.

Hamburg schafft das. Auch ohne Merkel

8. German Angst oder: das Fürchten lehren

Wandel geschah in den vergangenen Jahre immer auf Kosten der Deprivilegierten, der Abstiegsgefährdeten und der Ausgegrenzten. Wenn ein Ruck durch das Land gehen sollte, dann wurden im Zeitalter von Hartz IV und Riester-Rente vor allem die Armen geschüttelt. Dass es derzeit ruckelt, stimmt. Die Furcht vorm Geschütteltwerden ließe sich bekämpfen. Dies geschieht derzeit nicht, ob aus Inkompetenz, Zynismus oder manifesten Interessen ist derzeit schwer zu sagen. Von Regierung und großen Teilen der politischen Klasse – die linkeren Segmente teilweise eingeschlossen — wird Untätigkeit mit hilfloser Symbolpolitik kaschiert.

Sie richtet sich an Vertreter_innen der German Angst, die sich mittlerweile häufig im Furor Teutonicus[2] entlädt. Statt durch tätiges Handeln glaubhaft zu machen, dass sich die Angekommenen nicht mit den hiesigen um die letzten verbliebenen beiden Sozialwohnungen balgen werden, setzt jetzt schon das wohlige Raunen ein, das diese Auseinandersetzungen beschwört und mit Passkontrollen als Ersatzhandlung zu bekämpfen vorgibt. Wer die wirklich Zu-Kurz-Kommenden — und das meint nicht die zumindest in sozialer Hinsicht häufig bürgerlichen Pegidisten — nicht gegen die Flüchtlinge ausspielen wollte, der müsste jetzt schleunigst die Schuldenbremse demontieren und den Kult um die schwarze Null beenden. Stattdessen schreiben Bundespolizisten abertausende Anzeigen wegen illegalen Grenzübertritts und schwadronieren eiserne Unionspolitiker von Viktor-Orbán-Gedenk-Zäunen. Das Wir-sind-das-Volk von Pegida wird dies nicht besänftigen. Es wird den gewaltgeneigten WutbürgerInnen auch nicht davon abhalten, weiter Turnhallen abzufackeln, Menschen anzuzünden oder Galgen zu zimmern. Humanist*innen kann diese Politik nur das Fürchten lehren.

Leipzig zeigt wie es geht

9. Flachmann statt Bachmann

Rassismus gibt es leider schon lange – auch in der Mitte der Gesellschaft. Pegida und AFD stehen für dessen partei- und bewegungsförmige Organisierung. Beide haben sich gespalten, bei beiden hat der jeweils besonders rechte Flügel überlebt. In einigen Teilen Deutschlands haben wir damit eine Situation wie zu Hochzeiten der NPD. Zum Terror auf der Straße kommen die Ausweitung des Sagbaren und die Querfinanzierung rassistischer Hetze durch rechte Fraktionär_innen und ihre Mitarbeiter_innen. In Teilen Ostdeutschlands wird dies verstärkt durch die Verunglimpfung antifaschistischen Engagements durch rechte CDUler_innen und den extremismusideologisierten Verfassungsschutz.

Für DIE LINKE bedeutet dies, an die Kämpfe um kulturelle Hegemonie anzuknüpfen, welche die PDS in den frühen 1990er Jahren oftmals sehr allein bestritt, bevor der Antifaschismus in den frühen 2000er Jahren zur Staaträson wurde. Klar muss sein: Gegen den rechten Populismus und völkischen Rassismus ist Bündnispartner*in, für wen die Würde des Menschen unantastbar ist. Die proto- und halbfaschistischen Bewegungen, die sich derzeit konstituieren, sind es nie. Auch nicht, wenn sie vermeintlich soziale Fragen adressieren. Mit Rassist_innen gibt es keine Gemeinsamkeit.

10. Revolutionärer Geist sucht Institutionen

Zugegeben, die Versäumnisse der letzten zwanzig Jahre wiegen so schwer, dass jede, die behauptet, die Folgen der Flüchtlingspolitikkrise von heute auf morgen zu beheben, irrt. Prioritär muss es derzeit darum gehen, die schlimmsten Folgen des derzeitigen Staatsversagens einzudämmen: Es gilt, Zeltstädte im Winter und Kältetote auf der Balkanroute und vor den Erstaufnahmeeinrichtungen zu verhindern. Es muss darum gehen, Menschen aus Turn- und Messehallen in menschenwürdige Unterkünfte zu bringen. Parallel müssen die strukturellen Ursachen geändert werden.

Schon jetzt ist absehbar, dass die oben erwähnte Demobilisierung des Flüchtlingsaktivismus noch eine zweite Absicht verfolgt. Einklagbare, individuelle, soziale Grundrechte werden zu Gnadenakten herabgewürdigt und die vormals Anspruchsberechtigten auf Almosen verwiesen. Das Motto lautet: Tafel statt Teilhabe. Statt also die Nothilfe auf Dauer zu stellen, ist es genauso wichtig, die Aufgaben an die Zuständigen zurückzugeben.

Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für die meisten anderen europäischen Länder. Denn dezentrale Unterbringung, vernünftiger landessprachlicher Unterricht und Beteiligung am Erwerbsarbeitsmarkt wären leichter zu bewerkstelligen, wenn Deutschland nach Schweden nicht das derzeit am wenigsten schlechte Aufnahmeland wäre. Statt nach Quoten zwangsweise umverteilen zu wollen, was nicht funktionieren wird, müssen soziale Rechte für die gesamte Wohnbevölkerung in allen EU-Staaten garantiert werden.

Dann könnten Flüchtlinge entscheiden, wo ihnen das Wetter, die Landschaft, die Sprache oder die Anwesenheit von Verwandten am attraktivsten erscheint.

11. Grundrechte und Inklusionsperspektiven statt Ausnahmezustand

Für den anzustrebenden Normalzustand einer nicht rassistisch exkludierenden Gesellschaft haben wir (fast) alles Wichtige in der Ausgabe „Reinheitsverbot/Toleranzverbot[3]“ geschrieben. So lange der Modus der Flüchtlingspolitikkrisen-Bewältigung andauert, schlagen wir folgende Sofortmaßnahmen vor:

  • Amnestie für alle, die von einem Strafverfahren allein aufgrund des Schleusungsparagraphen betroffen sind;
  • Artikel 14 Abs. 2 und 3, die Sozialpflichtigkeit von Eigentum und die Enteignung gegen Entschädigung muss für leerstehenden Wohnraum angewendet werden, wenn sonst Obdachlosigkeit droht;
  • Aufhebung der Residenzpflicht. Geflüchtete, können zu Verwandten und Freund_innen ziehen.

Die aktuellen Entwicklungen führen uns einmal mehr den Irrsinn einer allgegenwärtigen Sparpolitik vor Augen. Es braucht eine Investitionsoffensive. Die nützt am Ende nicht nur den Flüchtlingen, sondern auch der wirtschaftlichen Entwicklung:

  • Finanzielle Sofortprogramme für Kommunen. Die Ausgaben für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen müssen komplett übernommen werden.
  • Finanzielle Sofortprogramme für Vereine und zivilgesellschaftliche Initiativen im Bereich der Flüchtlingshilfe. Ehrenamtliche Hilfe muss ausfinanziert und auf Dauer gestellt werden.
  • Die Veränderungen in strukturschwachen Regionen müssen mit Investitionen verbunden sein: Der ÖPNV muss wieder auf- statt abgebaut werden; örtliche Verwaltungen sind personell besser statt schlechter auszustatten, Schulen müssen nicht mehr geschlossen, sondern sollten aufrechterhalten und ggf. erweitert werden.
  • Es braucht unmittelbare und zeitnahe Inklusionsperspektiven: Statt „Rückführung” Merkelscher Prägung muss davon ausgegangen werden, dass die Mehrzahl der Flüchtlinge eine dauerhaftes Leben in der BRD führen werden. Sie brauchen zeitnahen Zugang zum Arbeitsmarkt, zum gesellschaftlichen Leben und zur Bildung. Insbesondere die Kinder sind sofort in den regulären Schulbetrieb aufzunehmen, unabhängig von ihrem aktuellen Aufenthaltsstatus.
  • Öffnung der Universitäten, Ausstattung der Schulen mit genügend Lehrenden, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten können.
  • Aufhebung von Vorrangprüfung und Arbeitsverbot.
  • Ein soziales Wohnungsbausofortprogramm für bezahlbare Wohnungen für alle mit mittleren und niedrigen Einkommen.

Links:

  1. http://www.bz-berlin.de/berlin/neukoelln/wir-liefern-keinen-nato-draht-fuer-orbans-grenzzaun
  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Furor_Teutonicus
  3. https://www.prager-fruehling-magazin.de/de/topic/47.juni.html