20.04.2016

Election-Day

Klarer Vorteil für Hillary Clinton?

Judith Kainer und Thomas Lohmeier

E-Day: Große Betriebssamkeit im Headquarter der WFP. Jeder Arbeitsplatz, jeder Stuhl, jedes Sofa ist besetzt. Unablässig läuten Telefone. Überall wird gesprochen, sich beraten, freiwillige Helfer*innen werden für die letzten Stunden dieses Wahlkampfes in ihre Tätigkeit eingewiesen. Mitarbeiter*innen und Unterstützer*innen durchqueren das Wahlkampfquartier mit großen Schritten und sprechen dabei in ihre Headsets. Obwohl alle offensichtlich unter großem Druck ihre jeweiligen Job machen, bleibt die Stimmung gut.

Im Sekunden-Takt klingelt das Telefon der "Voter Protection". Das Gespräch beginnt  Alan, ein geduldiger älterer Herr mit weißem Haar und Rechtsanwalt aus Washington D.C.  immer mit einer und der selben Frage: "Sind Sie registrierter Demokrat?" In der Regel sind die Anrufenden es nicht. Seine Antwort ist deshalb auch fast immer dieselbe: "Sie sind nicht berechtigt, an den Vorwahlen der Demokratischen Partei teilzunehmen."

Dies sind Stimmen, die Bernie Sanders hätte erhalten können, wäre das Wahlsystem in New York nicht so restriktiv. Wer sich bis Ende Oktober 2015 nicht zu den Demokraten bekannte und sich bis Mitte März registrieren ließ, kann heute nicht abstimmen. Ein klarer Vorteil für Hillary Clinton, denn die Nomenklatura der Demokratischen Partei in New York dürfte diesen Termine nicht verpasst haben.

Heute Mittag auf der Brooklyn Promenade, mit dem berühmten Blick auf Manhattans Skyline, war von den Wahlen nicht viel zu bemerken. Carol, der hier sein Mittagspause verbringt, hat soeben gewählt. Seine normale Wahlstrategie ("Du suchst dir denjenigen Kandidaten an, der die beste Chance auf den Gewinn hat") hat er diesmal verändert: "Du musst denjenigen wählen, der am ehesten deine Ansichten und Werte wiedergibt." Auch in diesem Fall ist es Bernie Sanders. Carol fand es auffällig, dass  die Unterstützer*innen des demokratischen Kandidaten Sanders ausgesprochen leidenschaftlich in ihrem persönlichen Umfeld für ihren Favoriten gekämpft haben. "Ich gehe davon aus, dass letztendlich Hillary das Rennen machen wird. Auch ich werde im Herbst für Hillary stimmen." Aber, Sanders Kandidatur sei wichtig gewesen. "Die Botschaft lautet: Achte auf die Linke."

PS: Hillary Clinton gewann die Wahl mit gut 16%-Punkten Vorsprung. Ein respektables aber kein überragendes Ergebnis in der Stadt, die sie zwei mal als Senatorin wählte. Aber die Botschaft, die Bernie Sanders ausstrahlt, kam deutlich vernehmbar auch in New York an. Die politische Linke ist wieder da. Die Bernie-Sanders-Kampagne geht weiter, auch wenn an deren Ende vermutlich nicht seine Präsidentschaft, wohl aber eine Reorganisierung der US-amerikanischen Linken stehen könnte. Die Kampagne und das Wahlergebnis in New York weist zumindest stark in diese Richtung. Und das wäre deutlich mehr als nichts.