Gleiches Geld für gleiches Spiel?

Ungleichheit auf dem Rasen

Caitlin Fisher und Sophia Davis
Es ist nicht egal, auf welchem Grün gespielt wird

Vor fast zwei Jahren verklagte eine Gruppe von 40 international erfolgreichen Fußballspielerinnen die FIFA[1] und den kanadischen Fußballverband wegen Diskriminierung. Sie wandten sich gegen die Entscheidung die Weltmeisterschaft der Frauen 2015 auf Kunst- und nicht auf Naturrasen abzuhalten, da schließlich auch keine einzige Männer-WM je auf Kunstrasen gespielt wurde.

Nachdem die FIFA Entgegenkommen gezeigt hatte, zogen die Spielerinnen nur sechs Monate vor der WM die Klage zurück, um sich professionell auf die Spiele vorzubereiten. Die Spiele begannen dann auf Kunstrasen. Bei Bodentemperaturen von ca. 50 Grad gehörten Hautverbrennungen[2] zum Alltag. Viele Spielerinnen sahen sich bestätigt, dass der Untergrund mit seinem anderen Federungsverhalten und einer anderen Spielgeschwindigkeit die Kreativität der Spielerinnen gehemmt und die WM zum schlechteren verändert hatte.

Der Kunstrasen steht symbolisch für ein viel tieferliegendes Problem. Die Fußballweltmeisterschaft auf zweitklassigem Untergrund stattfinden zu lassen, bestätigt, was Sportlerinnen seit Jahrzehnten gesagt wird: Euer Spiel ist zweitklassig. Das ist dieselbe Botschaft, die Frauen und Mädchen vermittelt wird: Ihr seid weniger wert. Noch viel verletzender ist es, dass Fans, Manager_innen, Trainer_innen und Lehrer_innen damit einverstanden zu sein scheinen.

Unterschiedliche Bezahlung

Ein Jahr später steht die Frage von Geschlechtergerechtigkeit im Fußball immer noch auf dem Spielplan. Nachdem sie die Weltmeisterschaften in Kanada gewonnen hatten, legten fünf US-Profis, Carli Lloyd, Alex Morgan, Megan Rapinoe, Becky Sauerbrunn und Hope Solo Beschwerde wegen Lohndiskriminierung ein, weil sie deutlich schlechter als die Spieler der Männer-Nationalmannschaft bezahlt werden.

Hope Solo ist eine der Beschwerdeführerinnen aus der US-Nationalelf

Ihrer Beschwerde zu Folge gibt es ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle von 25 Prozent zwischen männlichen und weiblichen ProfispielerInnen. Die Frauen erhalten ein Festgehalt von 72.000 U$ und zusätzliche 1.350 U$ für jedes gewonnene Spiel. Männer erhalten hingegen kein Festgehalt aber deutlich höhere Boni. 17.000 U$ sind dies für jeden Sieg und 5.000 U$ für jedes verlorene Spiel. Somit verdient ein Mann, der an 20 Spielen teilnimmt (was die Mindestzahl der Spiele des Frauenteams ist) selbst wenn die Mannschaft alle Spiele verliert mehr Geld als eine Frau, deren Team jedes Spiel gewinnt.

Diese Ungleichheit setzt sich bei den Preisgeldern fort. Das Frauenteam erhielt 2 Mio. U$ als es die Weltmeitsterschaft 2015 gewann[3], während die Männer 9 Mio. U$ erhielten, obwohl sie bereits in der Vorrunde ausschieden.

Nach der Beschwerde wurde viel über die Bedeutung der Unterschiede zwischen Festgehältern und dem Bonussystem der Männer diskutiert. Der US-Fußballverband behauptet[4], dass der Unterschied in der Praxis nur 2,2 Prozent betrage, weil die Männer weniger Spiele haben. Der Punkt ist jedoch, dass die Gehaltsunterschiede noch größer wären[5], wenn die Männer genauso viele Spiele bestreiten würden wie die Frauen.

Unterschiedliche Leistung

Ein Grund, warum die Frauen mehr Spiele bestreiten, ist, dass sie mehr Spiele gewinnen und daher in Meisterschaftskämpfen weiter kommen. Sie spielen also nicht nur mehr, sie bringen auch bessere Leistungen.

Das US-Nationalteam der Frauen ist das beste Team der Welt. Es hat drei Weltmeistertitel und vier olympische Goldmedaillen gewonnen, während die Nationalmannschaft der Männer keine dieser Wettbewerbe gewann und auf Platz 31 der Weltrangliste steht. Während das Frauen-Nationalteam 20 Mio U$ Gewinn einfuhr und das Finale der Frauen-WM 2015 in den USA die höchsten Einschaltquoten[6] aller Zeiten für ein Fußballspiel erzielte, hat die Nationalmannschaft der Männer Verluste erwirtschaftet.

Mit anderen Worten, Frauen müssen Höchstleistungen bringen UND gewinnen, um das zu verdienen, was Männer ohne diesen Druck erhalten. Hope Solo drückt es so aus: „Wir sind das beste Team der Welt und die Männernationalmannschaft wird allein fürs Erscheinen auf dem Platz besser bezahlt, als wir für den Sieg der Weltmeisterschaft.“ Jeffrey Kessler, der Anwalt der Spielerinnen meint: „Das Frauenteam leistet dieselbe Arbeit wie die Männermannschaft, nur mit deutlich besserer Leistungen.“

Die viel schwierigere Frage ist, wie eine gleichwertige Bezahlung für Frauen und Männer aussehen würde und wie der Wert der Arbeit bemessen werden kann? Was ist „equal play“ in Hinblick auf geleistete Arbeit? Soll sie nach Leistung oder nach Anstrengung bezahlt werden?

Welche Gleichheit?

Eine Frage, die in der Diskussion nicht gestellt wird: Ist die Realität in den Ligen der Männer etwas, das das Frauenteam anstreben sollten? Sollten wir nicht die Vergütungen der Männer verkleinern und den Sport in der Breite fördern? Schließlich ist Männerfußball eine hyperkommerzielle Industrie geworden, die ihre Spieler rücksichtslos vermarktet. Ein ungerechtes Transfersystem ist entstanden, das nicht in der Lage ist die Spieler zu schützen. Sie werden wie Objekte behandelt, wenn sie auf dem Spielermarkt gehandelt und verkauft werden. Einige verdienen vollkommen überzogene Gehälter, während andere durchs Raster fallen. Wir sollten dringend darüber reden, wie die Richtung des Spiels geändert werden kann. Dann kann Frauenfußball die Speerspitze eines Wandels sein[7]. Wenn wir wirkliche Veränderung wollen, müssen wir die inneren Werte und die Institutionen des Fußballs in Frage stellen. Die Antworten sind einfach, der Prozess wird es nicht sein: Es braucht eine Veränderung der Prioritäten: Menschen über Profite.

 

Caitlin Fisher war Profifußballerin in den USA, Schweden und Brazilien. Sie ist als Anthropologin, Autorin und Gender-Aktivistin tätig und engagiert sich beim von ihr mitgegründeten Guerreiras Project[8] sowie bei DISCOVER FOOTBALL.[9] Dr. Phil. Sophia Davis arbeitet als Körpertherapeutin und Personal-Fitness-Trainerin. Sie ist ebenfalls bei DISCOVER FOOTBALL aktiv.

Übersetzung aus dem Englischen: Stefan Gerbing

Links:

  1. http://equalizersoccer.com/2014/10/01/players-officially-file-lawsuit-against-fifa-csa-over-artificial-turf-at-2015-womens-world-cup/
  2. https://sports.vice.com/en_us/article/is-fake-turf-safe-for-womens-world-cup-soccer-players-and-other-living-things
  3. http://money.cnn.com/2015/07/07/news/companies/womens-world-cup-prize-money/?iid=EL
  4. http://espn.go.com/espnw/sports/article/15277241/us-soccer-federation-says-uswnt-earns-only-22-percent-less-men?utm_source=huffingtonpost.com&utm_medium=referral&utm_campaign=pubexchange_article
  5. http://www.huffingtonpost.com/entry/carli-lloyd-uswnt-equal-pay-jeffrey-kessler_us_57193b58e4b0d4d3f722c91f
  6. http://money.cnn.com/2015/07/06/media/record-rating-womens-world-cup/index.html?iid=EL
  7. http://www.pri.org/stories/2016-03-07/world-soccer-female-game-changers-field-bent-out-shape
  8. http://www.guerreirasproject.org/
  9. http://www.discoverfootball.de/home/