Goldrausch

Die staatliche Vorsorgelücke ruft unlautere Edelmetall-Händler auf den Plan, auch die AfD verdient mit

Martina Renner

Nun hat auch die AfD die D-Mark abgeschafft – zumindest ist sie die einzige Goldmünze, die im Gold-Shop der AfD derzeit nicht lieferbar ist. Doch wie kommt die Rechtsaußen-Partei überhaupt dazu, mit dem Edelmetall zu handeln und warum sind gerade verunsicherte Bürger des Mittelstands anfällig für diese fragwürdige Geldanlage?

Zwei Drittel der 18-34-jährigen gehen laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Infas Anfang dieses Jahres, nicht davon aus, später von der gesetzlichen Rente leben zu können. Während die gesellschaftliche Linke dieser Sorge zum Beispiel mit der Forderung nach Neujustierung staatlicher Altersvorsorge durch ein solidarisches Beitragssystem begegnet, nutzt die Rechte diese Verunsicherung als Nährboden nationalistischer und mitunter antisemitischer Propaganda.

Für die Alternative für Deutschland (AfD) ist diese Verunsicherung nicht nur vermeintliche Bestätigung ihres Anti-Euro-Kurses, der allein die EZB und die europäische Zentralwährung für die Entsicherung von Altersvorsorge und geringe Renditen privater Anlageformen verantwortlich macht. Angesichts klammer Parteikassen kam die AfD im Sommer 2014 auch auf die Idee, überteuerte Goldmünzen und -barren an Sympathisanten und Mitglieder als vermeintlich stabile Anlage verkaufen. Dass die Preise bei der AfD marktunüblich hoch sind, sieht man auf den ersten Blick. Wer eine oben erwähnte Gold-Mark besitzen möchte, kann diese mit drei Klicks im Netz hundert Euro günstiger als bei der AfD erwerben.

Teures Gold spült Euros in der AfD-Kasse

An wen richtet sich also das Angebot der AfD? An all jene, die der Anti-Euro-Propaganda der AfD schon auf den Leim gegangen sind. Hier die krisengeschüttelte, instabile und unsichere Währung - dort das ewige wertbeständige Gold. Doch Angst ist ein schlechter Anlageberater: Bis 2015 verkaufte die Partei laut übereinstimmender Presseberichte für 2 Millionen Euro Barren und Münzen. Dies deckt sich auch mit den Angaben der AfD in ihrem Rechenschaftsbericht. Schlugen 2013 Umsätze aus unternehmerischer Tätigkeit kaum zu Buche, waren es 2014 schon 2,5 Millionen. Zu den Folgejahren liegen noch keine Angaben vor. Man kann berechtigt davon ausgehen, dass der Goldhandel der AfD maßgeblich wenn nicht allein für diese Umsatzsteigerung verantwortlich ist. Nimmt man die aktuelle Preisliste von www.AfD-Gold.de[1] so fällt auf, dass alle Preise der AfD ungefähr 10% über denen der Sparkassen liegen. Daraus macht die Partei keinen Hehl: Mit dem Angebot wolle man die Möglichkeit bieten die AfD zu unterstützen.

Dicke Gewinne beschert der Goldrausch dem AfD-Schatzmeister (nicht im Bild)

Die Käufer können kaum mit einem Gewinn aus ihrer Investition rechnen: Sie kaufen überteuert, nehmen die teils massiven Wertverluste des Goldes seit 2014 in Kauf und bescheren der Partei Umsatz, der sich für die AfD bis Ende 2015 in Cent und Euro gleich doppelt auszahlte. Erst im Dezember 2015 änderte die große Koalition den §19 im Parteiengesetz. Dieser regelt unter anderem die Berechnungsgrundlage der staatlichen Teilfinanzierung. Bis dato hatten sich staatliche Zuschüsse auch an dem Umsatz einer Partei bemessen. Genau hierauf zielte der AfD-Goldhandel: Jeder eingenommene Euro sollte auch noch durch Zuschuss durch den Staat vergoldet werden. Entgegen aller Vermutungen, stellte die AfD nach Änderung des Parteiengesetzes aber den Goldhandel nicht ein. Offenbar ist der Gewinn weiterhin ein lohnender Zufluss in die klammen Parteikassen. Mit dem Goldhandel verbindet die AfD aber noch ein anderes, ideologisches Ziel. Sie suggeriert, dass sie praktische Angebote für die Vorsorge der besorgten Bürger unterbreitet, die allen Unwägbarkeiten des Marktes zum Trotz Stabilität und Sicherheit garantieren.

Bei den Käufern scheint diese Strategie zu verfangen, während die Verbraucherschutzzentralen warnen, wie unprofitabel und ungeeignet das Edelmetall als Geldanlage ist: Gold ist teuer, Gold wird über den schwankungsanfälligen Dollar gehandelt, Gold bringt keine Zinsen und Dividenden und Gold muss kostspielig aufbewahrt werden. Es sei denn, der Kunde glaubt er könne auf Bankschließfach oder Tresoreinbau im eigenen Haus verzichten.

Die Profiteure des rechten Goldrauschs und ihre Methoden

Die AfD ist auf dem Markt der rechten Goldhändler jedoch nicht allein: Sowohl eine „Deutsche“ wie eine „Thüringer Edelmetallbörse“ werben unter deutlicher Bezugnahme auf extrem rechte wie nationalistische Argumente und Chiffren um Kundschaft. Hier gehen nicht nur „Altdeutschland-Etui“ und „Großes Münzsortiment III. Reich“ über den Ladentisch. Damit die deutschtümelnde Botschaft, dass hier im deutschen Interesse Gold und Silber über den Tisch gehen auch wirklich rüberkommt, wird die glänzende Ware auch in aktuellen Prägungen wie der „Bürgermünze Germania“, des „Siegfried-Talers“  oder des „Nibelungenbarren“ angeboten. Der Käufer lässt sich seine Ideologie etwas kosten: Der Preis für den Nibelungen-Barren liegt fast 30% über vergleichbaren Angeboten von Banken. Auch hier scheint der ideologische Gewinn die monetäre Einbuße wettzumachen: Laut Angaben der Händler sind sämtliche 5000 Nibelungen-Barren ausverkauft. Sowohl für  die „Deutsche“ als auch für die „Thüringer Edelmetallkasse“ ist als Geschäftsführer Herbert Jungwirth tätig. Seine Vermarktungsstrategie setzt auf Werbefilmen und Auftritte im Internet und privaten Regionalfernsehsendern. In Thüringen kennt man Jungwirth als Moderator eines Sendeformats unter dem bizarren Namen „Lebens-Forum-Wohlstand“, das auf Salve-TV ausgestrahlt wird. Hier interviewt Jungwirth Gäste wie die heutige AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch für ihre rechte Pressure Group „Zivile Koalition“ oder den rechten Publizisten Udo Ulfkotte von Kopp-Online. Die Salve-TV-GmbH ist ein Thüringer Regionalfernsehsender, der aber auch kostenpflichtige Beiträge und Werbung produziert und alle Formate auch im Internet streamt. Bei Salve TV flimmern so auch Filme der Thüringer Edelmetallbörse oder einer Global Gold GmbH. Dieses in erster Linie Ein-Mann-Unternehmen kennt neben der Werbung im Internet noch eine andere Form der Kundengewinnung: Ähnlich der Masche der Kaffeefahrten werden Interessierte in eine teures Hotel mit großbürgerlichem Ambiente geladen und mit Edel-Häppchen, einer motivierende Ansprache und einem Goldbarren zum Anfassen in die nötige Kauflaune versetzt.

Schaut man die „Deutsche Edelmetallkasse“ an, so fällt auf, dass sie erst seit Anfang 2015 durch die gleichen Geschäftsführer wie die „Thüringer Edelmetallkasse“ geführt wird. Frank Hampel und Herbert Jungwirth, der ebenfalls im Immobiliengeschäft unter dem germanisch klingenden Namen „Midgard Grundbesitz GmbH“ tätig ist, beerbten Thomas Straub und Wolfgang Weber. Letzterer kennt sich mit Goldgeschäften ohne Skrupel aus. Er gilt als Vater des sogenannten „Gold-Sachdarlehens“. Hier überlässt der Kunde das gekaufte Gold für angeblich gewinnbringende Spekulationen durch den Händler. Am Ende sollte eine Rendite von 6% stehen. Dieses auf dem Schneeballprinzip bestehende Geschäftsmodell endete 2014 mit Razzien in den Büros der Firma, darunter auch in der Berliner Dependance NMH Noble Metal House, die noch im selben Jahr Insolvenz anmelden musste.

Geld gegen ideologische Sicherheit

Mit Goldhandel versuchen also „Edelmetallkassen“ wie auch AfD, Profit aus der Verunsicherung zu schlagen, die kapitalistische Globalisierung und Finanzkrise verursacht haben. Dass dies funktioniert, obwohl es unübersehbar preiswertere Angebote gibt, liegt zum einen daran, dass der Goldhandel mit nationalistischer, teils mythologisch-germanischer Anrufung gepaart wird. Das fügt sich gut zusammen, denn beides, der Handel mit einem anachronistischen Wertausdruck wie auch dessen mythologisch-nationalistische Aufladung sind Krisenantworten von rechts.

Thomas Bachheimer, Präsident des rechten „Goldstandard-Instituts“ brachte diesen spezifischen Zugang zum Goldhandel anlässlich des rechtsextremen Kongresses zur Verteidigung Europas[2] im Oktober 2016 in Linz treffend auf den Punkt: „Der Euro ist ein reines Kunstprodukt.“ Als Kunstprodukt steht der Euro vermeintlich „echten“, „organischen“ und „authentischen“ Währungen gegenüber. Diese Gegenüberstellung hat in der rechten Ideologie schon immer einen festen Platz: In ihr wird ehrliche Arbeit dem unehrlichen Geldverleih, das schaffende Kapital dem raffenden gegenübergestellt. Dass also der Handel mit Gold zu ökonomisch offenbar nachteiligen Bedingungen funktioniert, liegt am ideologischen Mehrwert, den dieser Handel für die Käufer bedeutet. Die widersprüchlichen Momente vertragen sich, weil die rechte Goldrausch-Szene einen ideologischen Schutzraum bildet, der Widersprüche stillstellt. So können sich die Anhänger von Compact bis PI-News auf der einen Seite als Opfer von Manipulationen, Lügenpresse, Betrug und Verschwörungen fühlen und sich andererseits in sektenartiger Ergebenheit ausnehmen lassen. Dass das mit der Investition verbundene Versprechen von Sicherheit durch nichts gedeckt ist, führt deshalb auch nicht zu Geschäftseinbußen. Schließlich verkaufen die Goldhändler vor allem ideologische Sicherheit.

Martina Renner ist linke Bundestagsabgeordnete und Obfrau der LINKSFRAKTION im NSA-Untersuchungsausschuss.

Links:

  1. http://www.AfD-Gold.de
  2. http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/5107558/Linz_Hassparolen-in-Prunksaelen