Gretchenfrage

Sag mir, wie hältst Du es mit den Niedrigzinsen

Susanna Karawanskij

Susanna Karawanskij

Zinsen - ja da gibt’s auch zwei Seiten der Medaille. Jede und Jeder freuen sich, wenn die Zinsen auf einen Kredit niedrig sind und man nicht so viel zahlen muss für das geliehene Geld, wenn die eigenen Reserven nicht ausreichen um was Größeres und Teures anzuschaffen. Andererseits ist es frustrierend, wenn man kaum oder gar keine Zinsen auf das mühevoll Ersparte erhält und man dabei zuschauen muss, wie es weniger wird.
Es gibt kein Recht auf Zinsen. Man könnte auch anders an die Sache rangehen: Und nur weil Geld oder eben mehr Geld auf einem Haufen liegt, ist es ja nicht zwangsläufig mehr wert.
Was mich richtig ärgert, sind die hohen Zinsen beim Überziehungskredit oder Dispo, die sind einfach nur sinnlos teuer und intransparent. Da werden diejenigen bestraft, die sowieso schon kaum Geld haben und die Banken verdienen daran kräftig. Die müssen gedeckelt und vereinheitlicht werden.

Susanna Karawanskij ist linkes Mitglied des Finanzausschusses im Deutschen Bundestag.

 

 

Willi Semmler

Willi Semmler

 

Trotz vieler Kritik aus Deutschland, die Niedrigzinspolitik der EZB muss sein. Sie kam nach der grossen Rezession 2008/9, im Vergleich zu den USA,  in Europa  viel zu spaet. Mit starken Deflationstendenzen und Null-Wachstum in Europa, speziell Stagnation im Sueden, werden  Null- oder selbst negative Zinsen und massiver Kauf von Staatsschuldpapieren durch die EZB nicht ausreichen.  Eine die Zinspolitik begleitende Fiskalpolitik ist noetig. Das Umschalten von fiskalpolitischer Austeritaetspolitik auf expansive Fiskalpolitik, mit Ausgaben fuer Infrastruktur und Klimaschutz ist dringend noetig.

Willi Semmler ist Professor am Fachbereich Ökonomie der New School for Social Research in New York. Er ist an Forschungsprojekten der ILO, der Weltbank und des Internationalen Waehrungfonds beteiligt.  

 

Alexander Recht

Alexander Recht

Manche Kritiker einer expansiven Geldpolitik monieren, dass es hierdurch zu einer Enteignung von Kleinsparern komme. Dieses Argument hat jedoch zwei Schwächen: eine empirische und zwei theoretische. Empirisch gesehen ist es keineswegs eine Neuigkeit, dass die realen Zinssätze gering sind. Man erhält die realen Zinssätze, indem man von den nominalen Zinssätzen die Inflation abzieht. In den 80ern und auch in den 90ern waren zwar die nominalen Zinssätze höher als heute, aber auch die Inflation war stärker. Der reale Zugewinn an Vermögen durch Verzinsung war also für Kleinsparer früher auch nicht höher.

Theoretisch gesehen ist es kaum einzusehen, dass, wenn das Bruttoinlandsprodukt als verteilbarer Kuchen kaum wächst, die Sparer höhere Zuwachsraten ihres Vermögens genießen sollten. Daher wäre es eher Aufgabe, für höhere Einkommen in niedrigen bis mittleren Schichten sowie für mehr Beschäftigung zu kämpfen. Höhere Einkommen in niedrigen bis mittleren Schichten sowie mehr Beschäftigung setzen aber ein expansives Umfeld voraus, dass auf niedrige Zinssätze angewiesen ist. Auch das spricht theoretisch gegen das Enteignungsargument.

Alexander Recht, Diplom-Kaufmann, Diplom-Handelslehrer, Oberstudienrat, Lehrer an einem ökonomischen Berufskolleg für VWL und BWL, Mitglied der LINKEN Köln, dort zuständig für Bildungsarbeit.

Karl Marx

Karl Marx

Während der Zins nur ein Teil des Profits ist, d.h. des Mehrwerts, den der fungierende Kapitalist dem Arbeiter auspreßt, erscheint jetzt umgekehrt der Zins als die eigentliche Frucht des Kapitals, als das Ursprüngliche, und der Profit, nun in die Form des Unternehmergewinns verwandelt, als bloßes im Reproduktionsprozeß hinzukommendes Accessorium und Zutat. Hier ist die Fetischgestalt des Kapitals und die Vorstellung vom Kapitalfetisch fertig. In G - G´ haben wir die begriffslose Form des Kapitals, die Verkehrung und Versachlichung der Produktionsverhältnisse in der höchsten Potenz: zinstragende Gestalt, die einfache Gestalt des Kapitals, worin es seinem eignen Reproduktionsprozeß vorausgesetzt ist; Fähigkeit des Geldes, resp. der Ware, ihren eignen Wert zu verwerten, unabhängig von der Reproduktion - die Kapitalmystifikation in der grellsten Form.
Für die Vulgärökonomie, die das Kapital als selbständige Quelle des Werts, der Wertschöpfung, darstellen will, ist natürlich diese Form ein gefundnes Fressen, eine Form, worin die Quelle des Profits nicht mehr erkenntlich und worin das Resultat des kapitalistischen Produktionsprozesses- getrennt vom Prozeß selbst - ein selbständiges Dasein erhält.

Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 25, "Das Kapital", Bd. III, Fünfter Abschnitt, S. 404 – 412