04.09.2008

Sozialismus und Freiheit gegen Panzer

Teil zwei begann heute vor 38 Jahren.

Thomas Lohmeier

Nicht nur in Prag siegten die Panzer über den Versuch, Freiheit und Sozialismus Realität werden zu lassen. Vor genau 38 Jahren wurde in Chile per Wahl beschlossen, den realen Kapitalismus ohne menschliches Antlitz zu beenden. Am 4. September 1970 wählten die Chileninnen und Chilenen den Sozialisten und Arzt Salvador Allende zu ihrem Präsidenten. Zwei Jahre nach Prag begann nun im Westen der Versuch, Sozialismus ohne autoritären Staat zu realisieren.

Allende ließ keinen Zweifel daran, wie er die durch Wahlen gewonnene Macht zu nutzen beabsichtigte: "Wir haben gesiegt, um endgültig die imperialistische Ausbeutung zu beseitigen, die Monopole abzuschaffen, eine wirkliche und tiefgreifende Agrarreform durchzuführen, den Import und den Export zu kontrollieren und schließlich und endlich, um die Banken zu nationalisieren. Auf diese Pfeiler gestützt wird der Fortschritt Chiles ermöglicht, wird das Volksvermögen geschaffen, mit dem wir unsere Entwicklung vorantreiben wollen.", erklärte er unmittelbar nach seiner Wahl.

Weil Allende seinen Ankündigungen Taten folgen ließ, endete das Experiment wie in Prag: Dem Versuch, eine freie und gleiche Gesellschaft zu gestalten, wurde von der alten Macht - dort von bürokratischen und autoritären Parteifunktionären und ihren Panzern, hier von Kapital, Militär und US-Imperialismus - ein Ende gesetzt. Es bleibt die bittere Erfahrung beider Niederlagen, dass eine Gesellschaft, die sich Freiheit und Sozialismus auf ihre Fahnen schreibt, eine breite Unterstützung der Vielen zwar notwendig bedingt, diese allein sich aber nicht als hinreichend erwiesen hat.