05.12.2008

Beiträge zur Konfliktualität des Sozialen

Rezension: Gruppe Blauer Montag, Risse im Putz (Hamburg 2008)

Bernd Hüttner
Bernd Hüttner, Rosa-Luxemburg-Stiftung

Die Hamburger Gruppe „Blauer Montag“ hilft der tendenziell schlampigen Linken bei Problemen mit ihrer Ablage, zumal sie der aussterbenden Spezies der politischen Gruppen angehört, die über keine Internetpräsenz verfügen. Sie hat jetzt diejenigen ihrer Texte aus den letzten 15 Jahren in einem Buch zusammengestellt, die ihrer Ansicht nach „für die Diskussion um Arbeit, Nichtarbeit, Sozialstaat und Klassenkampf aktuell von Bedeutung sein können“. Das Buch ist in drei, jeweils mit einer neu verfassten Einleitung versehenen Blöcke mit je vier Beiträgen gegliedert.

Die Gruppe hat ihren Ursprung in den Jobber- und Erwerbsloseninitiativen der 1980er-Jahre. Sie zählt zu den wenigen organisierten Gruppen der autonomen Linken, die die „soziale Frage“ schon früh und dann kontinuierlich zu ihrem zentralen Thema gemacht hat. Engagieren tut sich die Gruppe für die „Diskussion um die Politisierung der sozialen Reproduktion und – vor allem – eine Perspektive des Widerstandes, des Konfliktes, der individuellen Alltagswiderständigkeit“. Der Übergang vom Wohlfahrtsstaat zum autoritären Workfare ist einer der Gegenstände ihrer Debatten und Veröffentlichungen. Anders als die neokeynesianisch orientierte Traditionslinke, aber auch in Abgrenzung zu VertreterInnen des Grundeinkommens lenkt der Blaue Montag seinen Blick auf den Zusammenhang von kapitalistischem Kommando und Mehrwertabpressung im Produktionsprozess und der „sozialstaatlich“ regulierten Reproduktion.

Das vom Blauen Montag bearbeitete Debattenfeld zwischen Autonomen und linken Gewerkschafter_innen ist relativ klein, und es läuft immer wieder Gefahr zwischen den Lagern zerrieben zu werden. Umso wichtiger ist ihr Einspruch gegen Prekarisierung, Zwangsflexibilisierung und autoritären Sozialstaat und ihr Plädoyer für einen genauen Blick auf den Umbau der Herrschaftsverhältnisse in Betrieb und Stadtteil. Das Buch bildet einen zentralen Debattenstrang der sozialrevolutionären Linken ab und ist sowohl in theoretischer wie bewegungsgeschichtlicher als auch auf praktische Intervention zielender Hinsicht von großer Bedeutung.

Gruppe Blauer Montag: Risse im Putz. Autonomie, Prekarisierung und autoritärer Sozialstaat, Verlag Assoziation A, Hamburg 2008, 192 Seiten.

Zum Autor:

Bernd Hüttner, Jahrgang 1966, Politikwissenschaftler, arbeitet als Regionalmitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen. Koordinator des bundesweiten Gesprächskreises Geschichte der RLS und Mitglied der Historischen Kommission der Partei DIE LINKE.
Weiteres siehe hier auf der Website der Bremer Landesstiftung der RLS[1].

Links:

  1. http://www.rosa-luxemburg.com/?page_id=12#huettner