11.12.2008

Kärntner Kulturkampf gegen Stermann & Grissemann

“zensurlos fest“ in Klagenfurt

Norbert Schepers
Website von Grissemann und Stermann

Im Heimatland der FPÖ ist Satire nicht willkommen, zumindest wenn sie sich mit der wochenlangen Kollektivtrauer um Kult-Nazi Jörg Haider auseinandersetzt. Das Satiriker-Duo Grissemann und Stermann (in Berlin bekannt durch die "Show Royale" auf Radio Eins) scherzte in seiner ORF-Sendung "Willkommen Österreich" einmal zuviel und sieht sich nun Morddrohungen ausgesetzt, Forderungen nach Auftrittverboten und ein mutmaßlicher Anschlag gegen ihren Veranstalter sind weitere Folgen. Für den 11. Dezember 2008 wurde eine Veranstaltung mit dem Duo an der Universität Klagenfurt abgesagt. In Kärnten regt sich aber auch Widerstand gegen diesen fortdauernden "Geist von Haider": ein “zensurlos fest“ am gleichen Tag hält die Freiheit der Kunst hoch.

Alles weitere im Artikel "Nicht ganz Kärnten tickt wie Haider[1]" von Katharina Weise in unserer LesBar. Wir erklären uns solidarisch mit den Kabarettisten Stermann und Grissemann und dokumentieren die folgende Pressemeldung zur heutigen Protestveranstaltung in Klagenfurt.

Stermann & Grissemann virtuell in Klagenfurt

Am “zensurlos fest - fe¨ta brez cenzure“ wird die Freiheit der Kunst zelebriert

Am Donnerstag, dem 11. Dezember, findet ab 19 Uhr im Klagenfurter Volxhaus/Ljudski dom (Südbahngürtel 24) das "zensurlos fest – fe¨ta brez cenzure" statt, veranstaltet von der gleichnamigen überparteilichen ARGE.

An diesem Tag hätten die Wiener Kabarettisten Stermann und Grissemann persönlich an der Alpen Adria Universität Klagenfurt auftreten sollen. Die Veranstaltung musste jedoch abgesagt werden, nachdem die beiden Künstler telefonische Morddrohungen erhalten hatten. Eigentlich darf angesichts solch massiver Einschüchterungsversuche von jedem Landeshauptmann selbstverständlich erwartet werden, dass er zur Beruhigung beiträgt. Anstelle dem beschämenden Treiben Einhalt zu gebieten, unterstützte der Kärntner Landeshauptmann Dörfler (BZÖ) die von seiner Partei losgetretene Kampagne gegen die beiden Künstler und versuchte auch noch den Veranstalter, der Opfer eines höchst gefährlichen Sabotageaktes wurde, lächerlich zu machen. Das alles mit der Begründung, Stermann und Grissemann hätten durch ihre Parodie in ihrer Sendung „Willkommen Österreich“, in der einige überzogene Reaktionen um Haiders Begräbnis thematisiert wurden, "ganz Kärnten" beleidigt. Die Angelegenheit spitzte sich in den letzten Wochen zu. Kärntner Kunst- und Kulturschaffende entziehen sich nun in aller Deutlichkeit der Anmaßung des BZÖ, das festlegen will, was KünstlerInnen dürfen und was nicht.

"Kärnten ist kein kultureller Eintopf aus der BZÖ-Küche", so die VeranstalterInnen, sondern "vielfältig, bunt und mehrsprachig", und dementsprechend ist auch das Programm der Veranstaltung. Es wird von einer Reihe Kärntner bzw. österreichischer KünstlerInnen verschiedener Genres gestaltet. Das Knabenquartett aus St. Veit an der Glan eröffnet mit einem Blues, Emil Kri¨tof und Dietmar Pickl stellen fünf Variationen der Kärntner Landeshymne nach Texten von Jani Oswald vor, Holub&Raab inszenieren dem Anlass Entsprechendes, das Klagenfurter Ensemble stellt sich mit einem Auszug aus seiner aktuellen Produktion, der „Publikumsbeschimpfung“ von Peter Handke, ein. Es lesen oder werden gelesen: Egyd Gstättner („Es sind nicht alle Toten gleich"), Delphine Blumenfeld („Das Arbeitslosentheater"), Julian Holl („Hitlermanieren") sowie Ute Liepold („Wählt mich. Ich verspreche alles!“) und Bernd Liepold-Mosser (Texte aus „Sing mit“). Statements geben der Historiker Univ. Prof. Dr. Karl Stuhlpfarrer und der diesjährige Landeskulturpreisträger und Schriftsteller Janko Messner. Nach der Verlesung eines Manifests gegen Zensur und Bevormundung und für die Freiheit der Kunst, sorgen das Balkan-Ensemble Mo¨a ¦i¨ić aus Wien und DJs für musikalisches Wohlbefinden. Mit Ausstellungen (UNIKUM – „An der Grenze des Erlaubten", Bella Ban-Rogy – „Cafe OM", IPSUM – „Dialog in Bildern“, Verein Innenhofkultur –„Standfest“, u. a.) und Videoclips werden beide Stockwerke des Volxhauses in Beschlag genommen, und schließlich sind Stermann und Grissemann virtuell mittels eigens produzierter Videobotschaft ebenfalls anwesend.

Die Veranstaltung wird u.a. von SPÖ-Bundesrätin Ana Blatnik, den Grünen Kärnten, der Einheitsliste/Enotna lista und der KPÖ Kärnten gesponsert.
Ein Subventionsansuchen an die Landeskulturabteilung blieb bis dato unbeantwortet.

ARGE zensurlos, Südbahngürtel 24, 9020 Klagenfurt/Celovec
Rückfragen an: argezensurlos [at] gmail.com

Links:

  1. https://www.prager-fruehling-magazin.de/de/article/194.nicht_ganz_kaernten_tickt_wie_haider.html