Sinistra europea?

Zum Regenbogen und den Eckpunkte einer linke Europapolitik

Fabio Amato

Die italienische Linke stellt sich aktuell einer historischen Herausforderung: Die Rifondazione Comunista, die Grünen, die Partei der italienischen Kommunisten und die Demokratie Linke – der linke Flügel der Linksdemokraten, der sich nicht an der Gründung der zentristischen Demokratischen Partei beteiligt hat – verständigten sich auf die Wahlallianz Sinistra, l’Arcobaleno (Die Linke - Der Regenbogen) und traten im April zu den Wahlen an. Die Linke hat die historische Pflicht ein politisches Subjekt zu rekonstruieren, das fähig ist eine demokratische und progressive Kultur zu befördern und der sozialen Frage wieder zur Repräsentanz zu verhelfen.
Im Mittelpunkt unseres Angebots ist eine wirtschafts- und sozialpolitische Alternative zum neoliberalen Modell, der Kampf gegen Prekarisierung und für eine nachhaltige Ökologiepolitik, die Verteidigung des Laizismus und der individuellen und kollektiven Freiheiten, eine Friedenspolitik statt permanentem Krieg und Aufrüstung.
Die Europäische Linke macht ähnliche Inhalte zum Thema. Nach den ersten Jahren ihrer Gründung und Konsolidierung ist es an der Zeit mehr gemeinsame Initiativen zu entwickeln. Dabei sollten wir uns auf drei Punkte konzentrieren: Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Frieden. Demokratie ist deshalb so wichtig, weil der Reformvertrag weiterhin auf ein neoliberales Wirtschaftsmodell orientiert und den undemokratischen Charakter europäischer Institutionen unberührt lässt.
Ein Prozess der Konstitutionalisierung ist notwendig, der die Bevölkerung nicht ausschließt. Soziale Gerechtigkeit ist Schwerpunkt, weil das Projekt der Flexicurity darauf zielt, Prekarität auszuweiten und die Privatisierungspolitik in der EU weitergeht. Stattdessen muss die öffentliche Daseinsvorsorge erhalten und ausgebaut werden. Wir brauchen einen europäischen Sozialstaat und einen gemeinsamen Rahmen des Arbeitsrechts. Im Bereich der Fiskalpolitik sollten wir auf der Einführung der Tobin Steuer insistieren. Friedenspolitisch ist es wichtig, dass sich die EU aus der Unterordnung unter die US-Außenpolitik befreit. Eine eigenständige Außenpolitik der EU muss sich für eine Weltordnung einsetzen, die das internationale Recht respektiert, sich für Frieden und gegen präventive Kriegsführung einsetzt. Statt für Aufrüstung sollte sie sich für eine globale Agenda der Abrüstung einsetzen.
Die nächsten Europawahlen werden ein wichtiger Test. Die Legitimitätskrise der EU-Institutionen kann nur mit demokratischer Partizipation überwunden werden. Ohne eine wirkliche Alternative zum gegenwärtigen Zustand der EU steigt das Risiko, dass nationalistische, ausländerfeindliche und anti-europäische Kräfte gestärkt aus den Wahlen hervorgehen. Die Europäische Linke muss deutlich machen, dass sie ein anderes Europa, ein Europa der sozialen Gerechtigkeit, des Friedens und des zivilen Rechts will. Wir müssen mit der großen Koalition brechen, die im Namen der Maastrichter Verträge die EU bisher bestimmt hat, auch um unsere Hoffnungen auf eine Gesellschaft der Freien und Gleichen auf die Tagesordnung zu setzen.