24.03.2009

Gestern verteidigten wir Deutschland und heute die ganze Welt.

Seit 10 Jahren führen deutsche Soldaten wieder Krieg.

Thomas Lohmeier

Genau vor zehn Jahren bombardierten deutsche Soldaten erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder fremde Länder. Am 24. März 1999 begann der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der NATO auf Jugoslawien. Der bewusste Verzicht auf einen Beschluss des UN-Sicherheitsrates zur "Legitimation" des Krieges wurde wenige Jahre später Vorlage des Kriegs der Koalition der Willigen gegen den Irak, und der Irakkrieg wird nicht der letzte gewesen sein, der sich nicht um die UN-Charta kümmert. Damals - und nicht erst durch George W. Bush - wurde die Stärke des internationalen Rechts durch das Recht des militärisch Stärkeren ersetzt.

Die Linke schwieg nicht, als die Bomben auf Belgrad fielen. Lassen wir die Abgeordneten der PDS, ein paar der GRÜNEN und einen marginalisierten Rest der ehemaligen Friedensbewegung einmal außer acht - für einen großen Teil der deutschen Linken war klar: Im Kosovo muss ein zweites Auschwitz verhindert werden. Es sei daher Deutschlands historische Pflicht, zum dritten Mal innerhalb von nicht einmal einhundert Jahren über Serbien herzufallen. Menschenrechte - insbesondere das Selbstbestimmungsrechte der Völker - müssten notfalls herbei gebombt werden. Es tut heute wie damals nichts zur Sache, dass dieser Krieg eher zur Durchsetzung einer neuen NATO-Doktrin (Entbindung vom Völkerrecht, Entgrenzung des Einsatzgebietes) geführt wurde, als auch nur einem Menschen zu seinem Recht zu verhelfen. Im Krieg stirbt die Wahrheit eben immer zuerst.

Es wäre aber zu billig, den ergrünten Sozialdemokraten einfach mal wieder nur Verrat an der Sache des Friedens vorzuwerfen. Der Krieg gegen Jugoslawien zeigt nur nochmals exemplarisch, was Regierungslogik kapitalistischer Staaten ist: sie gebietet jeder Regierung, für die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ordnung Sorge zu tragen. Zwar kann dies auf die eine schlechtere oder bessere Weise geschehen, allerdings ist die Außenpolitik nicht Gegenstand dieses politischen Gestaltungsspielraums. Hier hat die Regierung die jeweiligen "nationalen Interessen" - letztlich definiert durch die Notwendigkeiten des von internationalen Märkten abhängigen und im Wettbewerb stehenden nationalen Kapitals - zu vertreten. Alles andere ist eine Illusion, die im rot-grünen Falle innerhalb weniger Wochen Regierungspraxis an der Realität zerplatzte.

Wer also einen Staat wie die Bundesrepublik Deutschland regieren will, muss ihre außenpolitische Prämissen akzeptieren. Das hat die rot-grüne Regierung 1998 vorbildlich getan, als sie Deutschland von den Fesseln der Verteidigungsbindung der Bundeswehr befreite und diese befähigte, nicht nur Deutschland, sondern die ganze Welt zu verteidigen. Wie jede andere Regierung zuvor und in Zukunft tat sie, was geboten war, um den Einflussbereich des Staates zu erweitern. In der heutigen Zeit heißt dies: völkerrechtswidrige Angriffskriege führen, die Interessen Deutschlands am Hindukusch verteidigen und Kriege zur Absicherung von Rohstoffen als Beitrag zur Wahrung der Menschenrechte verkaufen. Wer diesen Staat regieren will, kommt darum nicht herum.