25.05.2009

Kreatives Handeln ist gefragt!

LINKE in der (Wirtschafts-?) Krise

Jörg Schindler/Kolja Möller

Dass die Partei DIE LINKE in der Wirtschaftskrise nicht so recht auf Trab kommt, dürfte zwischenzeitlich jedem aufgefallen sein. Jetzt scheinen zusätzlich einzelne Abwanderungen zur SPD das Negativimage der LINKEN in der medialen Öffentlichkeit noch mal zu verstärken.

Skandale und Skandälchen waren in den letzten Jahren für DIE LINKE eigentlich täglich Brot. Man denke nur an Christel Wegners Stasi-Äußerungen, die Turbulenzen bei Landeslistenauftstellungen usw. Doch im Gegenzug war DIE LINKE mit ihren Forderungen nach einem Mindestlohn und einer Abkehr von Hartz IV präsent: Beide Projekte überlagerten die negative Botschaften, die Wahlerfolge erzeugten innerparteilichen Einigungsdruck und die SPD stellte sich auch immer wieder extrem dämlich an. DIE LINKE war der Profiteur einer Gelegenheitsstruktur. Sie musste selbst gar nicht so viel tun und konnte die SPD vor sich hertreiben.

Anders in der Wirtschaftskrise. Jetzt wäre kreatives Handeln gefragt, konzeptionelle Alternativen, ein sozial-ökologisches Bretton-Woods oder einen red/new-deal, ein roter Faden jedenfalls, um aus der Negativspirale rauszukommen: Was wäre z.B., wenn DIE LINKE einen ausdrücklich nicht-parteipolitischen Beirat mit VertreterInnen aus NGOs und Gewerkschaften, mit Bewegungslinken und Intellektuellen aus Europa und anderen Ländern der Welt einsetzte, der einen solchen Leitfaden ausarbeitet? Was wäre, wenn sich die Parteiführung die ersten Auswirkungen der Krise vor Ort in einem Drittwelt-Land anguckt und darüber „live“ auf der Homepage berichtet würde?

Doch gegenwärtig wirkt die Linkspartei auf den status quo fixiert und langweilig. Äußerungen verschiedener Parteigranden wirken eher wie Appelle an die eigenen Leute. Der erfolgreiche Ansatz der letzten Jahre, die Bevölkerung mit attraktiven und kreativen, provokanten Themen zu gewinnen, ist einem lähmenden Rechthaberei-Getue und langweiliger Positionierungslitanei gewichen. Tatsächlich haben die beiden Hauptströmungen der Partei ein Problem mit kreativem Handeln: Der sog. "Reformer"-Flügel rekrutiert sich schwerpunktmäßig aus der Landes- und Kommunalpolitik der neuen Bundesländer und tut sich schon in der bundespolitischen Arena schwer. Der sog. „linke“ Flügel vermutet, dass die Krise zu einem atmosphärischem Antikapitalismus führt, den DIE LINKE öffentlich befeuern müsse.

Dies paart sich mit der etwas paranoiden Angst des so genannten "linken" Flügels vor der "Sozialdemokratisierung" der Partei, wonach in der Krise die Gefahr groß sei, dass Ost-Reformer und West-Gewerkschafter ihre gemeinsamen Interessen an einem reformpolitisch gebändigtem Kapitalismus erkennen und so die Partei ihr antikapitalistisches Profil verliere. Deshalb werden nur noch radikal klingende Phrasen gedroschen. Wenn sich öffentlich geäußert wird, dann nicht in der Absicht, Wählerinnen und Wähler für eine linke politische Alternative bei den Bundestagswahlen zu gewinnen, Adressat sind die innerparteilichen Gegner.

Will DIE LINKE aus der Negativspirale rauskommen, muss sie den Mut zu kreativem Handeln aufbringen. Wie soll z.B. Opel gerettet werden, ohne die Überproduktionskrise, die in der Tat einen Umbau der Produktion in Bochum, Rüsselsheim & Co. erforderlich macht, zu ignorieren? In welchem Bereichen sollen die insgesamt 2 Millionen neuen Stellen denn geschaffen werden, von denen - folgt man dem Wahlprogramm - allein 1 Million im öffentlichen Dienst entstehen sollen? Der SPD Unglaubwürdigkeit vorzuwerfen, ist richtig, reicht aber nicht aus. Die Kassetten aus 2005 ziehen nicht mehr so gut und neue sollten aufgenommen werden.