27.05.2009

Mehr Rente für Kurras!

Was ist schlimmer als Studenten tot zu schießen? Stasispitzelei.

Thomas Lohmeier

Seit Tagen regt sich die Republik, angeführt durch ihre beiden wichtigsten Boulevardmagazine Spiegel und Bild, über den Mann auf, der einst von westdeutscher Politik und Gerichten unterstützt und frei gesprochen war, den Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 ermordet zu haben. Warum? Weil er nicht - wie zu erwarten gewesen wäre - dem westdeutschen, sondern dem ostdeutschen Spitzeldienst zur Verfügung stand. Deshalb, so findet Ehrhart Körting, Berlins sozialdemokratischer Innenminister, soll dem Todesschützen Kurras die Rente gestrichen werden. Und noch schlimmer: die Polizeigewerkschaft, die damals seinen Anwalt zahlte, möchte ihn jetzt ausschließen. Einen Studenten erschießen, das kann ja auch jedem engagierten Polizisten einmal passieren. Aber für die Stasi spitzeln?

Für seine "Aufklärungsarbeit" muss er jetzt büßen: Rentenkürzung! Geschwerkschaftsausschluss! Und haben sie nicht recht? Bekommen nicht auch die Rentner in Ostdeutschland weniger Rente als ihre westdeutschen Geschwister? Strafrente auch für Wessis! Wer will dem widersprechen? Ich! Mehr Rente für Kurras! Der Mann hat vor 40 Jahren getan, was sich viele seiner westdeutschen Landsleute nicht trauten. Ob er aus eigenem Antrieb handelte oder im Auftrag Erich Mielkes, bleibt sein Geheimnis. Aber dafür, dass er tat, wofür viele damals klammheimliche Freude empfanden, und wofür ihm die Besucher im Gerichtssaal nach seinen Freisprüche Beifall spendeten, dafür sollte er doch belohnt und nicht betraft werden: Mehr Rente für diesen alten Mann.