01.06.2009

Das kann die SPD: Wahlkampf

... eine kleine Replik auf den Europawahlkampf. (Wahlkampfbeobachtungen Teil I)

Thomas Lohmeier
So ...

Läuft man dieser Tage durch die Straßen ist man irritiert: Dumpinglöhne würden CDU wählen, behauptet die SPD auf ihren Europawahlplakaten. Die CDU? Wurde nicht mit Hartz IV die Zumutbarkeitsgrenze für Arbeitslose gestrichen, die verhinderte, dass Arbeitslose durch Androhung der Kürzung ihrer mickrigen Hartz-IV-Kohle zu Annahme jeder Arbeit gezwungen werden können? Ist Hartz IV nicht der ganze Stolz der sozialdemokratischen Regierungszeit?

... oder so?

Würden Finanzhaie wirklich FDP wählen?

Finanzhaie würden FDP wählen? Möglich, dass diese lieber für das neoliberale Original als die sozialdemokratische Kopie stimmen. Aber interessiert sich das Kapital dafür, welche Partei regiert? Warum also FDP wählen, wenn eine regierende SPD seine Interessen viel wirkungsvoller umsetzen kann? Die „Finanzhaie“ – denen jetzt der sozialdemokratische Finanzminister Milliarden über Milliarden hinter herschmeißt, damit sie nicht im Trockenen schwimmen müssen - dürften mit ihrer Politik sehr zufrieden sein. Rot-Grün, nicht die Kohl-Regierung, erfüllte ihre sehnlichsten Wünsche: niedrigerer Spitzensteuersatz, steuerliche Begünstigungen für Private-Equity-Gesellschaften und nicht zuletzt die Steuerfreiheit für Gewinne von Kapitalgesellschaften aus Beteiligungsverkäufen, wodurch das Spekulieren erst richtig Spaß macht. Warum also sollten „Finanzhaie“ eigentlich nicht SPD wählen?

Fragen, die man sich bei Betrachtung der - übrigens ästhetisch sehr gelungen – Plakate stellen könnte. Aber die SPD weiß, dass im Krieg wie im Wahlkampf die Wahrheit zuerst stirbt. Im Gegensatz zu anderen Parteien weiß sie aber auch, dass eine Wahlentscheidung in erster Linie nicht eine Entscheidung für eine, sondern eine Entscheidung gegen andere Parteien ist. Negative Campaigning mobilisiert die eigenen Wähler und demobilisiert die Wähler anderer Partei. Es gehört deshalb zum Einmaleins einer guten Wahlkampfführung.

Ein Fähnchen im Wind

Im Endspurt eines Wahlkampfes müssen aber positive Botschaften kommuniziert werden. Auch diese Grundregel beherzigt die SPD. So fordert sie nun seit gut einer Woche „faire Löhne“ und „Transparenz und Kontrolle auf den Finanzmärkten“. Das ist zwar das Gegenteil von dem, was sie während ihrer jetzt elfjährigen Regierungszeit getan hat - das aber interessiert die SPD nicht. Sie macht Politik wie ein Fähnchen im Wind. Den Föhn, der die heiße Luft bläst, nachdem sich das SPD-Fähnchen richtet, wird leider nicht von der LINKEN gehalten, wie ein weiteres Plakatmotiv suggerieren könnte. Um in der latent antisemitischen Bildsprache der SPD zu bleiben: Wahrscheinlich führen den Föhn dicke Zigarre rauchende Männer im Frack.

Die SPD kann Wahlkampf. Ein Wort über den Wahlkampf anderer Parteien zu verlieren, ist an dieser Stelle überflüssig. Ihre Kampagnen sind an Ideenlosigkeit nicht zu überbieten. Wenn die LINKE allerdings nicht bis zur Bundestagswahl lernt, wie man gutes Negative Campaigning gegen die SPD betreibt (mit der sie sich ja einen Großteil ihrer potentiellen Wähler teilt), wird sie noch eine böse Überraschung erleben. Dann wird diesen nämlich bei der Bundestagswahl möglicherweise unklar sein, wer zu wählen ist, wenn auf einem Plakat auf blauem Grund und weißer Schrift aufgefordert wird: Rot wählen.