„Die letzte Chance? 1968 in Osteuropa“

Rezension zum neuen Buch von Angelika Ebbinghaus

Norbert Schepers

Da meinte das „Neue Deutschland“ doch tatsächlich anlässlich des 40. Jahrestag der Niederschlagung des Prager Frühling folgende Frage aufzuwerfen: „Prag '68: War die Intervention des Warschauer Paktes notwendig?“ – Die Frage nach der Notwendigkeit einer Intervention könnte auch so verstanden werden, dass die Rechtmäßigkeit derselben vorausgesetzt wird. Die Debatte über eine Notwendigkeit der Intervention in der ČSSR ist also die Auseinandersetzung um die Rechtfertigung dieses militärischen Eingriffs. Zur Beantwortung präsentierte das ND nicht nur ein entschiedenes Nein (aus der Redaktion dieses Magazins), sondern auch eine strikte Befürwortung des Einmarsches. In dieser Befürwortung wird auf den konterrevolutionären Charakter des Prager Frühlings verwiesen und von Quellen gesprochen, die dies längst bewiesen hätten.

Angenehm anders – im Gegensatz dazu – die Aufarbeitung des Pragers Frühlings in dem neu erschienenen Band „Die letzte Chance? 1968 in Osteuropa. Analysen und Berichte über ein Schlüsseljahr“, editiert von Angelika Ebbinghaus. Eingeflossen sind hier neue Forschungsergebnisse und Quellen, wie die seit 2006 freigegebenen Dokumente des ZK der KPdSU, die von einer internationalen Forschungsgruppe aufgearbeitet wurden. Stefan Karner erweitert auf dieser Grundlage den Einblick in Wahrnehmungen und Entscheidungen der Führung des Warschauer Paktes.

Weitere Beiträge des Bandes behandeln neben der Situation in der ČSSR auch diejenige in Polen, Ungarn, Jugoslawien, Rumänien und in der DDR und fragen jeweils auch nach Wirkungen des Prager Frühlings und der westlichen 68er-Bewegungen. Kurzum, für die notwendige Auseinandersetzung mit den Ereignissen im Jahr 1968 lohnt ein Rückgriff auf diese Neuerscheinung. Der ebenfalls im Band vertretende Stefan Bollinger veröffentlicht zugleich eine interessante Monografie unter dem Titel „1968 – die unverstandene Weichenstellung“ und spürt den Wechselwirkungen in Ost und West nach.

Der von Angelika Ebbinghaus herausgegebene Band „Die letzte Chance? 1968 in Osteuropa. Analysen und Berichte über ein Schlüsseljahr“ ist kürzlich beim VSA-Verlag erschienen. Mehr unter: www.vsa-verlag.de[1].

Von Stefan Bollinger erschien beim Karl Dietz Verlag „1968 – die unverstandene Weichenstellung“. Mehr unter: www.rosalux.de[2].

Links:

  1. http://www.vsa-verlag.de/
  2. http://www.rosalux.de/