20.12.2009

Ein Happen Religionskritik

Uwe Schaarschmidt

Weiß man nicht, worüber man schreiben soll, also so richtig überhaupt nicht - nur lustig soll es sein - bleibt dem streng gläubigen Atheisten immer noch, sich eine Bibel zu schnappen, um das Wort Gottes zu jenem Käse reifen zu lassen, den nur sehr alte Männer und ganz kleine Mädchen essen. Letztere lediglich, um dem Opa eine seiner letzten Freuden zu bereiten.

Dann sucht man also diese Bibel, von der man meint, sie befände sich im Hause. Zwei Stunden später kann man der Welt auch einiges an Erfolg präsentieren: vier Reißzwecken, tief in den Handballen steckend, fünfzehn Staubmäuse, die sich zwischen Kinn und Nase in der schlechten Rasur balgen sowie ein Lebkuchenherz mit der Zuckerguss-Aufschrift: „11. Arbeiterfestspiele 1969 in Karl-Marx-Stadt“. Aber eben keine Bibel. Vor der Scheidung hat man eine gehabt, weiß man ziemlich genau. Vor der Scheidung war überhaupt alles anders. Man hatte ganz selten Sex, ganz lange Haare - deswegen wahrscheinlich das mit dem Sex - regelmäßige Mahlzeiten, man pinkelte im Stehen - deswegen wahrscheinlich das mit der Scheidung - sowie eine Bibel im Regal. Das ist aber auch schon lange her mit der Scheidung, mannomannomann ist das lange her!

Jedenfalls ist ohne Bibel schlecht über Gottes Wort der Stab zu brechen, es sei denn, man hat das transzendente Schubidu auswendig gelernt und deshalb auf Kommando verfügbar. Es gibt ja Leute, die können das. Da steht man dann da, guckt doof und der Schubidist paart hochgezogene Augenbrauen mit einem misslungenen Lächeln, womit er ausdrücken möchte: „Na - meinst Du nicht, dass es auch für Dich Zeit wäre, Gottes Liebe und Vergebung zu empfangen?“

Und so gern man die Vergebung nehmen möchte, so gewaltig gruselt einem vor der Liebe des himmlischen Klugscheißers. Schon das, was er einem als gewöhnliche Zuwendung angedeihen lässt - eingewachsene Zehnägel, Karies, maligne Geschwulsten am Darmausgang, Fahrkartenkontrolleure auf 400,- Euro-Basis sowie das Bordpersonal von Billigfliegern - ist fürchterlich genug. Wie erst mag es sein, wenn dieser feine Kollege einen liebt?!

Im Übrigen darf man religiöse Gefühle nicht verletzen. Andere Gefühle darf man getrost verletzten, nur religiöse nicht. Macht man sich beispielshalber über Zeugungsfreude und Gebärfrequenz südländischer MitbürgerInnen mausig, diffamiert langzeitarbeitslose, alleinerziehende Mütter mit gewählten Worten vom Rednerpult verbal, und in Vorabendserien visuell als asoziale Schlampen, so geht dies anstandslos - und dies im wahren Sinne des Wortes - als freie Meinungsäußerung zur Zukunft des Sozialstaates durch.

Begegnet dem Religiösen hingegen das, was dem Religiösen an Anteilnahme zusteht - brüllendes Gelächter also - gibt es Saures vom Rechtsstaat, mithin gar eine Fatwa oder Exkommunikation durch den jeweiligen religiösen Standartenführer als Kompott. Im schlimmsten Falle wird dem Lacher eine Kugel in den Kopf geschossen. Man könnte die Schweizer lieben für das Ergebnis ihres Volksentscheides, wenn der Abriss aller Kirchtürme und die Entlassung aller Pfaffen inklusive wäre. Denn im Lichte der Aufklärung betrachtet, ist so mancher gewöhnliche Religiöse nichts weiter als ein gewöhnlicher Faschist, dem unter Zahlung eines ungeheuren Blutzolls in einigen Gegenden das Rutenbündel entwunden, dem zur Irreführung des Rationellen ein debiles Lächeln aufs Gesicht gemalt wurde, der sich aber seine schmalgeistige Peitsche im Quellgebiet des Rheins gerade zurückerobert hat.