27.01.2010

Hey, baby, I’m a rockstar!

10 Jahre attac - prager frühling gratuliert.

Lena Kreck

Viel Liebe zum Geburtstag, attac, du schrullige alte Dame (sofern man dies über eine Zehnjährige sagen kann)! Denn seien wir mal ehrlich, gar so schillernd bist du gerade nicht. Einst warst du die Grand Dame im globalisierungskritischen Spektrum. Du hast es nach den für die Linke doch irgendwie ganz schön kargen 90er Jahren hinbekommen, dass wir uns trauten, das Wort „neue soziale Bewegung“ in den Mund zu nehmen.

In dir einten sich Organisierte und Unorganisierte, Utopist_innen, Dogmatiker_innen und Pragmatiker_innen, Junge und Alte, Männer und doch auch einige Frauen. Sie fanden zusammen, weil sie die Idee eines regulierten Finanzmarktes als zumindest kurzfristige Notwendigkeit teilten. Das war schon ziemlich geil. Endlich nicht mehr nur defensiv sein, endlich wieder laut, deutlich und wahrgenommen Forderungen aussprechen können. Wie lehrreich war es auch, sich dem mühevollen Prozess der basisdemokratischen Entscheidungsfindung zu stellen.

Irgendwie gab es dann aber einen Knick. Es mag daran gelegen haben, dass sich mit der Partei DIE LINKE ein neues Projekt auf den Weg gemacht hat, das vielen gerade auch in seiner Parteiförmigkeit gefehlt hat. Es ist aber auch nicht ganz auszuschließen, dass dir all das Bunte, Vielfältige ein wenig zum Verhängnis wurde. Denn kam es dir nicht auch so vor, dass die Forderung nach der Regulierung der Finanzmärkte mehr und mehr zwischen all den Grundeinkommens-, Antiprivatisierungs- und friedenspolitischen Projekten verloren ging? Hattest du nicht auch manchmal das Gefühl, dass du mit einem großen Bauchladen durch das Land spaziertest und jede und jeder sich herausnehmen konnte, was ihr oder ihm schmeckte? Wenn man sich beim Italiener nicht festlegen möchte, bestellt man Tagliatelle alla Casa. Da ist von allem das Beste drin. Manchmal reicht aber einfach eine Pizza Salami. Da weiß man, was man hat.

Ich wünsche dir mindestens für die nächsten zehn Jahre, dass du deinen Pluralismus nicht aufgibst, dich doch gleichermaßen inhaltlich wieder etwas konzentrierst. Mach es wie Rihanna, singe „Hey, baby, I’m a rockstar!“ und besinne dich deiner Anfänge. Du bist internationalistisch, weißt, was dich am Neoliberalismus ankotzt und im besten Sinne realpolitisch. Darauf hoch die Tassen!

(erschienen in der aktuellen "analyse & kritik"[1])

Links:

  1. http://www.akweb.de/