Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

eurer Redaktion

den politischen Gemütszustand unserer Welt beschreibt nichts besser als der alte Kalauer: „Öko? Logisch.“ Niemand schmunzelt mehr drüber, aber alle nehmen den Schenkelklopfer für sich in Anspruch: Unternehmen, Parteien, Verbände, Besucher von Altherrenkneipen ebenso wie radelnde Wursthaarige aus der Alternativkaschemme. Dass alles irgendwie auch „öko“ sein müsse, also die Sache mit der Umwelt halt ein Problem sei, ist – logisch – Allgemeinplatz geworden.
Trotzdem stellen sich tausend Fragen, und zwar sowohl bei denen „da unten“ wie auch jenen „da oben“. Der Klimagipfel in Kopenhagen ließ fragende Gesichter zurück – diesseits und jenseits der Polizeiabsperrungen, diesseits und jenseits der Parlamente, diesseits und jenseits der westlichen Industriewelt. Öko ist logisch, aber eben – diesseits wie jenseits – vor allem phraseo-logisch.
Beispiel gefällig? Die Umweltschutzorganisation Greenpeace befragte jüngst Volkmar Schöneburg, frisch gewählter linker Justizminister in Brandenburg, was er eigentlich zur Rettung des Weltklimas tun wolle. Antwort: Am Wochenende auf das Autofahren verzichten. Greenpeace rechnete nach. In vier Jahren Amtszeit bringt das ca. zehn eingesparte Tonnen CO2. Doch die Frage bleibt, wie das mit dem durch koalitionären Segen weiterlaufender CO2-Schleudern aus dem Hause Vattenfall im brandenburgischen Jänschwalde, verbunden mit der Kohlendioxidverpressung in „Schwarze Pumpe“, im Verhältnis steht. Jährlicher CO2-Ausstoß immerhin: 25 Millionen Tonnen. Glücklicherweise verkniff sich Schöneburg Matthias Platzecks ministerpräsidial geäußerten Unsinn, als logischen Ökobeitrag zum Kaltduschen aufzurufen. Die prager-frühling-Redaktion wünscht jedenfalls dem Brandenburger Ober-Sozi Platzeck die kommenden 2,5 Millionen Jahre lang durchgängig erfrischenden Wasserspaß.
Deshalb wollten wir es genauer wissen: Klimawandel, Konsum, Kommunismus? Oder Konflikt? Immerhin hat DIE LINKE richtige Ökoburner-Forderungen in ihrem Programm. Vom Umstieg auf erneuerbare Energien auf einen Anteil von 50 Prozent bis 2020 und mittelfristig auf 100 Prozent ist die Rede, vom Kohlekraftwerksbaustopp, von sofortiger Stilllegung der Atomkraftwerke, vom Stopp neuer Autobahnprojekte und einem flächendeckenden Sozialticket. Oder ist das alles auch nur phrase-ökologisch? Wir haben bei LINKEN-PolitikerInnen nachgefragt. Oder ist das alles eher Kappes, brauchen wir stattdessen erstmal einen Green New Deal? Bärbel Höhn, Mario Candeias und Mona Bricke stellen dazu ihre Positionen dar. Fachorganisationen, aber auch echte und selbst ernannte ExpertInnen kommen zu Wort, wenn’s darum geht, wie logisch eigentlich Öko dann wirklich ist. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen. Und nicht vergessen: Kaltduschen fürs Klima macht blöd. Wechselduschen hingegen regen an.