04.06.2010

Wer wird Fussball-Weltmeister?

Das prager Frühling LeserInnen-Forum

Redaktion
Wer wird Fussball-Weltmeister?

Bald beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft. prager frühling bleibt natürlich am Ball und hat seine LeserInnen gefragt: Wer wird Fussballweltmeister? Hier die ultimativen Prognosen:

Halina W., Friedrichshain-Kreuzberg, stellv. Parteivorsitzende und SV Rote Socken tippt:
„Weltmeister wird die einzig wahre Fussballnation - England! Hier wurde der Fussball geboren, hier kommen die interessantesten Persönlichkeiten her. Hier wird nicht geschnörkelt, sondern effektiv gespielt. Hier ist der Löwe nicht nur auf dem Trikot, da wird gekämpft wie ein Löwe. Einzige Voraussetzung für den Titelgewinn ist: Es gibt kein Elfmeterschießen, denn damit hatte England noch nie Glück.“

Holger S., Fussball-Philosoph und Spielerbeobachter warnt vor Matthias Sammer:
„1978 prägte der argentinische Trainer Menotti das Konzept des „linken Fußballs“, legte sich mit der Militärdiktatur an, und wurde auch noch Weltmeister. In den 1980er Jahren dirigierte der kettenrauchende Mediziner und linke Aktivist Sócrates die brasilianische Seleção. Aber heute? Orthodoxe Antideutsche hätten ihren Spaß, sollte ausgerechnet Kevin-Prince Boateng die deutsche Mannschaft aus dem Turnier schießen. Aber dann folgt auf Löw der „Wir brauchen wieder echte Männer!“–Sammer und dann werde auch ich zum antideutschen Fußballfan.“

Ulrich M., Stuttgarter Kickers-Fan, Mdb und Parteibildungsbeauftragter setzt auf revolutionären Offensivfussball:
„Favorit ist für mich ganz klar, die Elf von Jogi Löw. Den Ausfall unseres Führungsspielers, werden wir zu kompensieren wissen, in dem wir mannschaftlich geschlossen auftreten und mit revolutionärem Offensivfußball über die linke Seite den etablierten Teams das Fürchten lehren werden. Ebenso rechne ich mir für die spanische Mannschaft große Chancen aus, da sie aus einem starken Mittelfeld heraus in harmonischem Zusammenspiel mit den Flügelspielern für erfolgreichen Fußball stehen.“

Gesine L., Lichtenberg, Parteivorsitzende will den Männer-Fussball durchkreuzen:
„Deutschland hätte nur dann eine Chance Fussball-Weltmeister zu werden, wenn unsere Männermannschaft mit unserer sehr erfolgreichen Frauenmannschaft ein gemischtes Team stellen würde. Wenn alle anderen Länder unserem Beispiel folgen würden, hätten wir eine charmante, weniger aggressive und vielleicht sogar romantische Fussball-Weltmeisterschaft.“

Freya-Maria K., MdL, Chemnitz nervt der patriotische Hype und kickt lieber mit emanzipatorischem Anspruch:
„Ich drücke keinem Team die Daumen. Mich nervt der patriotische Hype, der um die WM gemacht wird. Zwei mal elf Menschen (unter denen nicht nur Männer sein sollten!) dabei zuzusehen, wie sie (viele) Tore schießen ist okay - selber spielen noch besser. Und dabei immer mit einem emanzipatorischem Anspruch, wie z.b. bei den AFFI-Cups, einem deutlichen Statement gegen Rassismus, Antisemitismus und Homophobie.“

Pedram S. vom globalisierungskritischen Netzwerk ATTAC wünscht sich Fussball-Legende Maradona als Weltmeister:
„Die erste WM in Afrika, und dann diese wunderbare deutsche Nationalmannschaft! Löw setzt nicht nur den multikulturellen Durchbruch seit Klinsmann radikal fort; er verjüngt die Mannschaft noch weiter wodurch sie kulturell weiter noch mehr Pop als Bratwurst symbolisieren. Ich war voller Vorfreude für die folkloristische Euphorie, bis diese blöde Griechenlandkrise dazwischen kam und der Chauvinismus sich wieder unangenehm aus der Deckung traute. Doch wir wollen uns die Laune nicht verderben lassen: die Afros sollen so hoch wie möglich, DFB mit ihren „linken Fußball“ (Menotti) soweit wie möglich, und Maradona Weltmeister werden.

Laszlo S., prager frühling über die Kollektivierungstaktiken aus Neuseeland:
„Mein Tipp: Neuseeland. Defensive: Die Verteidigung basiert auf einem der fortschrittlichsten Integrationsmodelle westlicher Demokratien. Koloniale und nationalistische Stürmer werden sich hier die Zähne ausbeißen. Mittelfeld: Wer in der Lage gewesen ist 1893 das Frauenwahlrecht einzuführen weiß, dass Feminismus eine Grundlage soliden Kurzpasspiels ist. Offensive: Neoliberale Angriffstaktiken wurden für ungeeignet befunden das Spiel zu den eigenen Gunsten zu entscheiden und durch Kollektivierungstaktiken ersetzt.“

Daniela aka Speedy, FSV Hansa07 (www.kreuzberger-fussball.de) will ihre Jungs siegen sehen:
„Für mich gibt es keinerlei Zweifel, das Ding ist entschieden: _wir_ werden Weltmeister. Ich trage stolz meinen neuen Nischenpatriotismus zur Schau und höre mich fachsimpeln, Bescheid wissen, sowie auf Jogi schwören. Ich bin Nationalmannschaft und werde siegen mit meinen Jungs, auch ohne BallackAdlerWestermann. Soviel Zuversicht fühlt sich gut an. Eigentlich könnt ich jetzt schon mal jubeln gehen.“

Christin L., Linksjugend Sachsen, Leipzig ist gegen Partynationalismus und für ein Vorrundenaus für die National-Elf:
„Es ist wieder soweit: Fußball und die nationale Identitätsfindung wird wieder offiziell zur Aufgabe des Fankollektivs. Mit aufblasbare Winkelementen, Pins, Regenponchos und Brillen bewaffnet, welche alle selbstverständlich den Aufdruck der Nationalfarben haben, geht es dann auf zum Public Viewing. Insbesondere Deutschland hat sich für die weiblichen Fußballbegeisterten dieses Jahr etwas einfallen lassen: Das rosa Deutschland-Frauenfanshirt mit einer großen Portion Deutschland-Glitter. Eine Fußballmannschaft ist genauso gut wie die Kreativität der Fanartikel, könnte man meinen. Sie sagt mindestens genauso viel über die Nation aus. Unoriginelle Farb- und Dekozuweisungen an biologische Geschlechter disqualifiziert sich jedenfalls schon in der Vorrunde.“

Pascal M., Sprecher DIE LINKE. Kreuzberg, strömungsfreier defensiver Mittelfeldspieler bei FSV Hansa 07 (www.kreuzberger-fussball.de) freut sich auf antirassistischen Fussball aus Spanien:
„Weltmeister 2010 kann eigentlich nur Spanien werden. Keine andere Mannschaft spielt seit Jahren konstant auf solch hohem Niveau und tritt als fast perfektes Kollektiv auf. Und nachdem am Spielfeldrand nun auch nicht mehr der wegen seiner rassistischen Sprüche berüchtigte Luis Aragones zu finden ist, kann man sich am Spiel des spanischen Teams nun auch endlich ganz ohne schlechtes Gewissen erfreuen. Vamos furia roja!“