kurven und frauen gehören zusammen

Über Frauen als Fußballfans

Marie Ressel

Die Spielsaison im deutschen Fußball ist eröffnet. Wem die Zeit bis dahin zu lang wurde, der konnte sich zum Beispiel bei einem der beworbenen Männercamps von einer großen deutschen Biermarke darauf einstimmen. Ja richtig, Männercamps. Angepriesen mit Saufen, Grillen und jeder Menge Spaß. Nur für Männer!

Wenn es um Werbung für Fußball geht, setzen die Macher_innen ausschließlich auf ihre männlichen Zuschauer. Die Frau wird als Anhängsel bzw. nicht mit Reizen geizend als Objekt für die Marke Fußball benutzt. Dass es aber in den Stadien immer mehr Frauen gibt, die sich genauso, wenn nicht sogar noch mehr als ihre männlichen Pendants engagieren, bleibt in der öffentlichen Wahrnehmung verschwiegen. Fußball ist nur für Männer! Dass dem nicht so ist, beweist ein Blick in die Fankurven deutscher Fußballstadien und -arenen.

Zwar ist der Anteil der Frauen in der gesamten Masse relativ gering. Die Schätzungen gehen von 10-15 Prozent aus.1 Dennoch übernehmen sie gerade in den aktiven Teilen der Fanszene immer mehr Aufgaben und stellen somit einen eminent wichtigen Part. So gibt es beispielsweise bei größeren Ultragruppierungen2 vom FC Bayern München (Schickeria München) und FC Sankt Pauli (Ultra Sankt Pauli) wachsende Frauengruppen. Sie klinken sich in die Organisation von Auswärtsfahrten, Merchandisevertrieb, Choreographievorbereitungen und die Unterstützung der Mannschaft im Allgemeinen und damit in zentrale Aufgabengebiete des Fandaseins ein. Beim SV Babelsberg 03 gibt es mittlerweile sogar eine weibliche Vorsängerin, die die Nordkurve mit ihren Gesängen anpeitscht. Fankurve ohne Frauen – undenkbar!

Was reizt Frauen aber ins Stadion zu gehen? Diese Frage habe ich einmal in die Fankurve des Berliner Vereins Tennis Borussia gegeben: „Hier kann ich 90 Minuten brüllen, Emotionen los werden und einfach ich sein. Fußball erlaubt mir, mal nicht den Attitüden, die mir zugeschrieben werden, zu gehorchen. Hier bin ich Fan, egal ob Frau, Mann oder welchen Geschlecht auch immer.“ (Christin, 24 Jahre). Frauen haben sich hier einen Freiraum erobert, wie in vielen anderen Bereichen der Gesellschaft. Aber natürlich ist nicht jede Frau im Stadion aktiver Fußballfan. Neben der, die eben genauso wie alle anderen vom Sport begeistert ist und die Atmosphäre im Stadion genießt, reicht ihre Bestimmung bis ins Extreme: Vom Accessoire des Mannes, den sie bei seinem Hobby begleitet, bis hin zum Groupie, die einem Fußballer, ähnlich eines Popstars, aus der ersten Reihe zujubelt und jede Möglichkeit wahrnimmt, ihrem Idol so nah wie möglich zu sein.

Frauen stellen eine Minderheit in der Fanszene dar, das ist Fakt. Aber nicht nur sie. Schwul-lesbische Fangruppierungen formieren sich und haben dem Sexismus und der Homophobie in den Stadien und Arenen dieses Landes den Kampf angesagt. Diskriminierende Sprüche und Gesänge gehören immer noch zum Alltag des Fußballs, wie das runde Leder auf dem Platz. Aber die Masse derer, die sich dagegen wehren und sich Gehör verschaffen, wächst. Selbst der Deutsche Fußballbund (DFB) hat nach langem Drängen einen Antisexismusparagraphen in seine Statuten aufgenommen.

Fußball ist alles – auch lesbisch/schwul. Und nicht zu vergessen – weiblich!

Anmerkungen

1 Prof. A. Pilz: Weibliche Fan-Grupppen im Sport. Zur Rolle von Mädchen und Frauen in der gewaltfaszinierten und gewaltbereiten Hooliganszene. in: Berndt, Voigt, (Red.): Fairplay für Mädchen und Frauen im Sport?, Frankfurt 1995, 44-48.

2 Gruppe von Gleichgesinnten, die in extremer Form ihren Verein optisch und akustisch 90 Minuten lang unterstützt.

Autorinneninfo

Marie Ressel ist 28 Jahr alt und großer Fan vom SV Babelsberg 03. Seit Jahren supportet sie ihr Team bei Heim- und Auswärtsspielen.