09.11.2010

Glückwunsch, Polizeistaat!

Wieder hast du deinen Auftrag zur Sicherung der Milliarden der Atomwirtschaft erfüllt!

Redaktion

Es ist vollbracht: Der Atommüll hat sein Ziel erreicht. Wieder einmal wurde der Müll der Atomkonzerne auf Kosten der Allgemeinheit - damit die privaten Gewinne der Atomkonzerne schön hoch bleiben, versteht sich - mit Gewalt ins Zwischenlager verschafft. Aber der Widerstand, der sich gegen den Transport richtete, macht Mut. Auch der neue Bürgerprotest, wie wir ihn auch bei Stuttgart 21 sehen, lässt hoffen, dass sich die Macht des Kapitals und ihrer unmittelbaren Interessenvertreter durch Protest und Widerstand wenn schon nicht überwinden, so doch begrenzen lässt. Mehr noch als Stuttgart 21 ist die Atomfrage eine zentrale Auseinandersetzung um Grundfragen der Gesellschaft: Sie ist eine ökologische Frage, weil sich anhand der Frage, wie wir die Gesellschaft ihre Energie gewinnt, langfristig eine Frage von Leben und Tod ist. Sie ist eine Frage der Ökonomie, weil ihre scheinbar geringen Kosten inklusive der Milliardengewinne für die Atomwirtschaft nur durch öffentliche Finanzierung der Atommülltransporte und Absicherung des “Restrisikos” gewährleistet werden können. Es gibt daher einen Zusammenhang zwischen den aktuellen Sozialkürzungen auf der einen Seite und den Subventionen für die Atomkonzerne auf der anderen Seite.

Die Atomfrage ist aber nicht nur eine soziale Frage. Sie auch Frage der Demokratie. Und dies nicht nur, weil der Kraftwerkbau, ihr Betrieb und die Atommülltransporte nur mittels des Polizeistaates durchgesetzt werden können. Der kürzlich verstorbene sozialdemokratische Umweltpolitiker Hermann Scheer beschrieb vor wenigen Monaten in diesem Magazin, wie mit Hilfe der Bauleitplanung der Bau kleiner dezentraler Kraftwerke zur Gewinnung erneuerbarer Energieträger verhindert wird. Scheer, wollte 2008 hessischer Wirtschaftsminister werden, um u. a. dieses Hemmnis zur Entwicklung der erneuerbaren Energie zu beseitigen. Es ist bekannt, mit welcher Macht die Atomindustrie zu verhindern wusste, das Hermann Scheer sein Amt antreten konnte.

An dieser Stelle sei aber auch ein Seitenhieb gegen die Grünen erlaubt. Sie tun so, als hätten sie während ihrer Regierungszeit den Atomausstieg durchgesetzt. Schon damals war allen Beteiligten klar, was passieren wird, wenn die schwarz-gelben Lobbyparteien wieder einmal an die Regierung kommen würden. Der rot-grüne “Atomausstieg” war halbherzig. Sie hätten damals einfach wie jeder/m AutobesitzerIn den AKW-BetreiberInnen eine Haftpflichtversicherung gegen das “Restrisiko” gesetzlich aufzwingen können. Mangels Versicherungspolice wäre die AKW fix vom Netz gegangen, weil selbst die ansonsten dem Geldverdienen nicht abgeneigte Versicherungsbranche das “Restrisiko” doch einmal zahlen zu müssen, nicht eingegangen wäre. Da hat der Generalsekretär der Atomlobbypartei CDU nicht ganz Unrecht, wenn er den GRÜNEN hier Doppelmoral vorwirft.

Der Protest gegen den Atomstaat war einmal wieder gewalttätig. Die Randalierer waren allerdings andere, als die von der BILD[1] portraitierten. Nur ein Beispiel: Ein Redakteur des prager frühling brach sich den Arm, weil er von einem Polizisten eine 15m hohe Böschung herunter geschmissen wurde[2]. Auch ein Gesundheitsrisiko der vermeintlich “friedlichen” Nutzung von Atomenergie. Wenngleich die Röntgenstrahlung im Krankenkaus Lüneburg weit weniger gefährlich ist, als die der Abfälle im Atomklo Gorleben.

Links:

  1. http://www.bild.de/BILD/politik/2010/11/08/castor-transport-gewalt/im-wendland-ist-buergerkrieg.html
  2. https://www.prager-fruehling-magazin.de/de/article/590.8222-mit-dem-zweiten-tippt-es-sich-schlechter-8220.html