25.12.2010

“Es ist leichter, daß ein Kamel gehe durch ein Nadelöhr, denn daß ein Reicher in das Reich Gottes komme.” (Jesus Christus)

Plädoyer für einen Einkommenskorridor mit Mindest- und Höchsteinkommen

Katja Kipping

Die Weihnachtsfeiertage, das Fest der Besinnung und der Nächstenliebe, sind Anlass eine Debatte wieder aufzugreifen, die vor drei Jahren aufgrund der maßlosen Gehälter und Vergütungen der Manager- und Mangerinnen geführt wurde. Gerade vor dem Hintergrund, dass sich in den kommenden Tagen der Vermittlungsausschuss mit der Frage beschäftigen muss, wie die Höhe eines menschenwürdigen Auskommens berechnet sein muss, sollte sich unser Blick auch einmal dahin richten, wo das Einkommen so reichlich fließt, dass sein/e BezieherIn möglicherweise Probleme bekommen könnten, in das “Reich Gottes” aufgenommen zu werden, wenn man das Wort Jesu Christi ernst nimmt: “Es ist leichter, daß ein Kamel gehe durch ein Nadelöhr, denn daß ein Reicher in das Reich Gottes komme.”

Weniger aus Sorge um den Verbleib der Reichen, sondern mehr wegen der allgemeinen Empörung über die explosionsartige Entwicklung der Managergehälter in Zeiten der wirtschaftlichen Krise sinnierten vor gut drei Jahren prominente Persönlichkeiten, darunter der langjährige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering oder der erst in diesem Jahr aus dem Amt geschiedene EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla, über deren Höhe. Alle drei fanden Gehälter, die über dem hundertfachen einer/s Angestellten liegen, als unmoralisch. Ein Urteil, dem sich SozialistInnen, ChristInnen und alle anderen, die nicht längst alle moralischen Wertmaßstäbe verloren haben, nur anschließen können.

Leider blieb die damalige Diskussion nur ein Strohfeuer. Gehandelt wurde nicht. Deshalb ist es nun an der Zeit, gesetzliche Regelungen zu treffen. Wir brauchen einen Einkommenskorridor. Nach unten muss es auf Höhe von 1.000 Euro ein Sicherheitsnetz geben, unter das niemand fällt. Schließlich erfordert demokratische Teilhabe ein Mindestmaß an materieller Sicherheit. Nach oben sollte es eine Onkel-Dagobert-Abgabe auf alle Netto-Einkünfte von über 40.000 Euro geben. Von rund 500.000 Euro im Jahr kann man gut leben. Wer kann schon 40.000 Euro im Monat sinnvoll ausgeben? Ab dieser Höhe fließt ein höheres Einkommen kaum in höhere Lebensqualität, sondern gerinnt eher in der Möglichkeit, besonders intensiv Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Und ehrlich: Wessen Arbeit ist schon mehr als eine halbe Million Euro wert? Ob man mit einem solchen Salär bereits durch ein Nadelör passt, um ins Himmelreich zu gelangen, müssen letztliche Religionsgelehrte einschätzen. Der Demokratie wird der Einkommenskorridor auf jeden Fall gut tun!