weiter auf dem neokolonialen trip

Nächste Runde beim Projekt geistige Eigentumsrechte

Pia Eberhardt

Die Wirtschaftsgeschichte hat gezeigt, dass die Entwicklung von Konzernen wie Philips oder Unilever ebenso wie die der heutigen Industrieländer nur möglich war, weil sie Technologien und Produktionsprozesse nachahmen konnten, die anderswo entwickelt worden waren. Umgekehrt gilt: Monopolrechte, die diese Nachahmung behindern, graben Industrialisierungsprozessen das Wasser ab.

Kein Wunder, dass sich der globale Süden einst heftig gegen das TRIPS-Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) gewehrt hat. Das Abkommen setzt globale Mindeststandards für den Schutz geistiger Eigentumsrechte. Als Folge haben Länder wie Indien erstmals Patente auf Medikamente und Saatgut eingeführt – zu Lasten von Ernährungssicherheit und Gesundheitsversorgung.

Aber der Phalanx von transnationalem Kapital und Industrieländern reicht das nicht. In internationalen Foren, die weit weniger politisiert sind als die WTO, verfolgt sie derzeit eine krasse WTO-plus-Agenda: in der Weltzollorganisation z.B. in bilateralen Freihandelsverhandlungen oder im Rahmen von ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement), ausgehandelt von einem Dutzend hauptsächlich reicher Industrieländer. Hier drängt der Norden auf längere Laufzeiten für Patente, verschärfte Grenzkontrollen und weitreichende Programme zur Bekämpfung der „Piraterie“.

Zumindest ACTA haben Länder wie China und Indien jüngst heftig als entwicklungsfeindlich kritisiert. Gleichzeitig schlagen sich ihre großen Industrieverbände zunehmend auf die Seite des transnationalen TRIPS-plus-Lagers. Auf internationaler Ebene ist von Wissenskommunismus daher leider noch wenig zu sehen.

Autoreninfo

Pia Eberhardt ist Politikwissenschaftlerin und beschäftigt sich seit Jahren mit welthandelspolitischen Themen. Zur Zeit arbeitet sie beim Lobby-Watchdog „Corporate Europe Observatory“ in Brüssel zur Frage des Konzerneinflusses auf die EU-Handelspolitik.