01.03.2011

Husch ins Körbchen

Offener Brief an Doktorand Bunde

sg

Abgetretene Verteidigungsminister und gestorbene Päpste haben einen Nachteil. Es dauert nicht lange und ihre Position wird durch meist noch schlimmere Typen ausgefüllt. Die Zeit zwischen dem jetzt zurück getretenen Karl-Theo zu Guttenberg[1] und dem nächsten Bundeskriegsminister kann man schon einmal nutzen um zu schauen, wer sich da in der dritten Reihe zu drängeln beginnt.

Seit dem Wochenende geistert eine Doktoranden-Initiative durchs Netz, die sich in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin wendet. Tobias Bunde, einer der Initiatoren, hat 35.000 Unterschriften gesammelt und es damit zu den fünf Minuten Ruhm, den ein Spiegel-Interview[2] verschafft, gebracht.

Weinerlich fordert der akademische Nachwuchs, die Kanzlerin möge nicht mehr von der „Bildungsrepublik Deutschland“ sprechen, wenn sie „unseren Beitrag zur Gesellschaft schlicht für vernachlässigenswert“[3] halte. Lieber Herr Bunde, wie haben zwar bisher auch nicht von der „Bildungsrepublik Deutschland“ geredet. Wir bleiben auch nach der Lektüre ihres letzten Artikels in der Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik[4][1][5] dabei. Ihr hinaus krakeeltes: „Deutschland muss wieder eine ‚Mission‘ […] haben“, finden wir nämlich auch mit richtig gesetzten Fußnoten scheiße. Was wir auch ansonsten von ihrem „Beitrag zur Gesellschaft“ halten, können sie sich hoffentlich zusammenreimen. Bei Ihrem Forschungsvorhaben[6] hat man den Eindruck, dass sie eigentlich auch da mitspielen wollen, wo jetzt ein Plätzchen frei geworden ist.

Ein paar wichtige Qualifikation haben sie ja schon erworben:

a) das Fähnchen im richtigen Moment in den Wind hängen: „Wir kleinen Doktoranden [wollten] mal ein Fähnchen hochhalten. Und daraus ist nun eine ziemlich große Fahne geworden.“[7],

b) jeden Text mit einem Appell an den Standort Deutschland abzuschließen: „Durch die Behandlung der Causa Guttenberg als Kavaliersdelikt leiden der Wissenschaftsstandort Deutschland und die Glaubwürdigkeit Deutschlands als „Land der Ideen“[8]

und

c) Härte gegen sich und andere gut zu finden: „Wir bemühen uns daher in unserer eigenen Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen, diesen hohen Anforderungen jederzeit nachzukommen. Wenn wir dies nicht tun, laufen wir (zu Recht) Gefahr, von der Universität verwiesen zu werden.“[9]

Summa cum abominatione.

Ihr prager frühling

[1][10] Bunde, Tobias; Ischinger, Wolfgang; Noetzel, Timo (2011): 20 Jahre nach der Vereinigung. Deutsche Außenpolitik in und für Europa, in Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik

Bd 4, Nr. 1, S- 89-107.

Links:

  1. https://www.prager-fruehling-magazin.de/de/article/645.mehr-als-nur-ein-ruecktritt.html
  2. http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,748251,00.html
  3. http://offenerbrief.posterous.com/
  4. http://www.springerlink.com/content/e5606n821r238697/
  5. https://www.prager-fruehling-magazin.de#_ftn1
  6. http://www.exc16.de/cms/bunde.html
  7. http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,748251,00.html
  8. http://offenerbrief.posterous.com/
  9. http://offenerbrief.posterous.com/
  10. https://www.prager-fruehling-magazin.de#_ftnref1