21.04.2008

Wer nicht hören will, muss fühlen.

Jörg Schindler

Als ich gestern in der U-Bahn saß, fiel mir eine ausgelegte Streikzeitung von ver.di, die „publik-extra" in die Hände. Ach ja, die BVG streikt, dachte ich und erinnerte mich an die Diskussionen von damals, als der rot-rote Senat aus dem Tarifvertrag der Länder austrat. War da nicht ein besonders schlaues Argument ins Feld geführt worden? Das ging so: Die Leute im öffentlichen Dienst sind Besitzstandswahrer, die sich dem Solidarbeitrag verweigern, der notwendig ist, um der total aussichtsreichen Klage vor dem Verfassungsgericht zur Entschuldung Berlins zum ultimativen Erfolg zu verhelfen.

Nun, wir wissen ja, wie die Sache ausging. Die Klage war ein voller Erfolg. Berlin ist quasi schuldenfrei. Das Verfassungsgericht hat lediglich moniert, dass zu quietschendes Sparen das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes tangiere. Und nach dem klitzekleinen Solidarbeitrag der Beschäftigten dürfen diese jetzt wieder mit kräftigen Lohnsteigerungen die Binnennachfrage beleben. Denn Senat und Gewerkschaften, Beschäftigte und Arbeitgeber, sie sitzen ja alle in einem Boot. Berlin ist reich, aber leider noch ein bisschen unsexy.

Ich schrecke aus dem Schlummer hoch: Lena meint, wir müssen jetzt aussteigen. Gut, war ein netter kleiner U-Bahn-Traum. Hat nur mit der Realität nix zu tun. Berlin hat neben den vielen Schulden jetzt noch nicht mal mehr einen geltenden Tarifvertrag, so dass man als Bürger am Morgen nicht sicher sein kann, dass am Abend noch die U-Bahn fährt. Naja, wer nicht hören will, muss fühlen. Gekonnt lasse ich die „publik-extra" gut sichtbar auf der Sitzbank liegen.