wie dissident bist du?

Der prager-frühling-Test

1. in wie viel politischen organisationen bzw. Parteien warst du bisher Mitglied?

a) Eine. Für mich gilt: Entweder schließen

sie mich aus oder meine Mitgliedschaft

endet erst mit meinem Tod.

b) Ungefähr 6: Leider bin ich überall mit

meinen Forderungen gescheitert und

folglich jedes Mal gleich darauf ausgetreten.

Bei Organisation 6 bin ich jetzt

geblieben.

c) Keine. Der ganze Kollektivismus geht

mir auf den Geist.

2. die Partei, die Partei …

a) … hat immer recht.

b) … ist nicht immer schlecht.

c) ... ist einfach thrash.

3. hältst du dich beim autofahren an

die geschwindigkeitsbegrenzung?

a) Geschwindigkeitsbegrenzungen sind

vernünftig ― zumindest im Sozialismus.

b) Für die Revolution dreh‘ ich schon mal

auf. Hab auf dem Weg zum Kreisparteitag

schon mehrere Fotos von mir

machen lassen.

c) Wenn ich in meinem Sportwagen sitze,

ist mir der Sozialismus egal: Ich will

Spaß, ich will Spaß!

4. du gehst ins fussballstadion, ...

a) … weil da alle meistens so schön die

Regeln des Spiels einhalten.

b) … um die gegnerischen Fans und den

Schiedsrichter zu beschimpfen.

c) … um mit meinem Ultra-Fanblock die

eingeübten Choreographien auszuprobieren.

5. Wer sind deine Vorbilder?

a) Florian Silbereisen, Erich Honecker,

Wolfgang Schäuble.

b) Wolf Biermann, Zinedine Zidane,

Britney Spears.

c) Bakunin, Emma Goldmann,

Ernst August von Hannover.

6. Was sind deine lieblingsfilme?

a) Ernst Thälmann ― Führer seiner Klasse.

b) Die fetten Jahre sind vorbei.

c) V wie Vendetta.

7. Wieso ist die linke in europa

gegenwärtig so schwach?

a) Weil der Neoliberalismus in die eigenen

Reihen eingedrungen ist und abweichende,

diffamierende Meinungen

die Einheit der Linken unterlaufen.

b) Weil sie ihre Steuerpolitik noch nicht

sachgerecht genug durchgerechnet

hat.

c) Weil sie immer noch in der sozialdemokratischen

Staatsillusion gefangen

ist.

Auswertung:

Welche antwort hast du am häufigsten ausgewählt?

a) ordnungsliebende Sozialistin

Rein lebensweltlich unterscheidet dich nichts von einer CDU-Wählerin: Alles muss an seinem Platz sein. Deiner ist in der Partei. Ob es der richtige ist, fragst du dich eigentlich nie. Beim Fussball begeisterst du dich fürs Funktionieren des Spiels, dein Affekt geht auf die Regel. Und nachdem du dir deine antiquierten Lieblingsfilme angeguckt hast, regst du dich vorm Schlafengehen nochmal über diejenigen auf, welche die gute und gerechte Sache stets durch Streit und Einwände untergraben. prager frühling empfiehlt: Mal den Stammplatz verlassen, die DVD-Sammlung mit Filmen wie „V wie Vendetta“ aufpolieren und im Stadion Augen und Ohren aufmachen: Die wenigsten interessieren sich hier für die unparteiliche Anwendung der Regeln.

b) liberale Sozialistin

Gähn! Abweichung und Dissidenz findest du okay, aber nur in Maßen. Manchmal fährst du zu schnell, aber nur, um pünktlich Deinen Rechenschaftsbericht auf dem Kreisparteitag zu halten. Im Stadion lässt du ein bisschen die Sau raus, um danach das Steuerkonzept der europäischen Linken mit Freibeträgen und Anrechnungen so auszugestalten, dass es im Wettbewerb der politischen Konzepte überzeugt. Nur blöd, dass sich die wenigsten WählerInnen für die Freibeträge der europäischen Linken interessieren. Die fetten Jahre sind schließlich vorbei. Naja, wenigstens bist du mit deiner politischen Organisation ein bisschen flexibel. Hoffen wir, dass es bei Nummer sechs funzt. Unter uns: Vielleicht liegt Dein Organisations-Hopping auch ein bisschen an dir. prager frühling empfiehlt: Auf dem Weg zum nächsten Kreisparteitag einfach mal nur aus Spaß ein paar Kilometer zu schnell fahren. Und nach dem Stadionbesuch nicht zum Steuerkonzept nach Hause, sondern zu „Castor schottern“ oder zur nächsten Anti-Nazi-Blockade fahren und sich hinsetzen. Dann ist die Partei auch nicht immer schlecht.

c) dissident!

Du bist einfach superdissident. Den Godfather des Anarchismus Michail Bakunin nimmst du dir zum Vorbild. Aber irgendwie entgleist dir deine Dissidenz ein wenig. Schon bist du dabei zum Raser zu werden und dabei Umwelt und Mitmenschen zu gefährden. Politik kannst du eigentlich nicht mehr machen, weil dir alles Kollektive fremd ist. Und im Stadion mutiert dein anarchistischer Impuls auf einmal zum saublöden Ultra-Kollektiv, das sich die Woche über damit beschäftigt, wer am Samstag ins Megaphon: „Die SGE... die SGE!“ brüllt und welche Menschengruppe dann möglichst kollektiv und einheitlich „Die SGE ist wieder da!“ antwortet. prager frühling empfiehlt: Mal nachdenken, ob der pubertäre Dissidenzfetisch wirklich so sinnvoll ist. Sich vielleicht mal kollektiv irgendwo organisieren (Anregungen gibt’s bei Ernst Thälmann „Sohn seiner Klasse“ oder bei „Aufstand der Praktikanten“). Die Ultra-Community verlassen und in ein linkes Fan-Projekt wechseln (zum Beispiel bei Eintracht Frankfurt der Fan-Club: „Rote Adler“) und die paramilitärische Energie gegen hohe Ticketpreise einsetzen.