beliebte vorurteile in der antisemitismusdebatte

prager frühling widerlegt

Redaktion prager frühling
Wenn ich nich hier bin, bin ich auf dem Frauendreck

Das ist eine Kampagne der Parteirechten ...

Gerne wird behauptet, dass der Kampf gegen Antisemitismus in der LINKEN nur eine Kampagne der „Parteirechten“ wäre. Aber ist es denn links, zu Antisemitismus zu schweigen? Rassistische Äußerungen würde man selbstverständlich auch nicht in den eigenen Reihen dulden – ganz egal, welchem Flügel der Partei, der- oder diejenige zuzurechnen wäre. Deshalb ist es schon gewagt, den Kampf gegen linken Antisemitismus als „rechts“ zu bezeichnen.

Aber es gibt noch ein grundsätzliches Problem mit dem Argumentationsmuster „Das ist nur eine Kampagne von …“. Mit diesem Argument entzieht man sich der inhaltlichen Auseinandersetzung, weil man nicht mehr über die Frage „Was genau ist linker Antisemitismus?“ oder „Was ist berechtigte oder gar notwendige Kritik an der Politik Israels?“ streitet, sondern nur noch um die möglichen Motive derjenigen, die eine politische Diskussion dazu einfordern.

Der eigentliche Grund, das Thema Antisemitismus in der Linken der „Parteirechten“ zuzuweisen, ist deshalb wohl ein anderer. Auf diese Weise kann man sich gegen die Problematik immunisieren, weil gleich auf die Interessensgeleitetheit des Gegenübers verweisen wird. Das ist dann im politischen Machtkampf praktisch, aber leider kein Beitrag zur inhaltlichen Debatte. Auf diese Weise zerstört man überdies jede innerparteiliche Diskussionskultur und ernsthafte Auseinandersetzung mit einem sensiblen Thema.

… weil sie um jeden Preis regieren wollen.

Ob das „Regierungslager“ in der LINKEN diese Frage tatsächlich dazu nutzen will, die Partei regierungsfähig zu machen, wäre unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Behauptung egal, wenn der regierungskritische Flügel der Partei diesen Zusammenhang nicht durch stetige Behauptung erst konstruieren würde. Die Strategie der Reformer liefe nämlich schlicht ins Leere, und das, obwohl sogar Gregor Gysi positiv auf die „Staatsräson“ Bezug genommen hat, die im Nahostkonflikt zu beachten sei.

Unterlegt wird die These damit, dass, wer nicht auf Seite der PalästinenserInnen, wohl auf der des US-Imperialismus stehe. Und wer regieren wolle, müsse daher Deutschlands Rolle als dessen Vasallen akzeptieren. Leider zeigt sich hier ein altbackener Imperialismus-Begriff aus Zeiten des Kalten Krieges, statt ein Verständnis der heutigen multiimperialen Welt. Richtig ist aber: Die Frage der „Regierungsfähigkeit“ wird seit jeher in der Außenpolitik entschieden. Sie wird an der Frage entschieden, wie es eine Partei mit Bundeswehreinsätzen im allgemeinen und mit der NATO im besonderen hält; also, wie sie es mit den geostrategischen Ambitionen Deutschlands und der EU – nicht der USA, nicht Israels, nicht Palästinas – hält. Die GegnerInnen von Regierungsbeteiligungen sollten sich daher lieber diesen Themen zuwenden, statt die Debatte um Antisemitismus und den Nahostkonflikt zur symbolischen Richtungsentscheidung aufzublasen.

Die Ein-Staaten-Lösung wäre eine friedliche Lösung.

Stellen wir uns rein hypothetisch folgende Positionierung vor: Ostpreußen und Schlesien sind alte deutsche Gebiete. Wir fordern daher das Rückkehrecht aller nach dem 2. Weltkrieg vertriebenen Deutschen in einem gemeinsamen deutsch-polnischen Staat. Selbstverständlich werden den Polen alle Menschenrechte im gemeinsamen Staat gewährt, aber sie werden auch angehalten, für die RückkehrerInnen Platz zu schaffen.

Wir sind uns einig: das wäre absurd, ja eine Aufforderung zum revanchistischen Krieg! Israel wird hingegen ganz selbstverständlich zugemutet, seine Existenz als jüdischer Staat zugunsten eines gemeinsamen israelisch-palästinensischen Staates aufzugeben – und dies vor dem Hintergrund der Erfahrung von Verfolgung und Mord. Die Forderung nach einem gemeinsamen Staat ist deshalb nicht nur illusionär, sondern muss sie für die Bevölkerung Israels als Aufforderung zum Krieg gegen Israel verstanden werden. Wer in diesem von gegenseitigem Hass und Misstrauen geprägten politischen Klima die Auflösung Israels in einen von Palästinensern dominierten Staat vorschlägt, will daher – selbst wenn es anders gemeint ist – Gewalt und Krieg weiter zementieren. Das Plädoyer für eine Einstaatenlösung ist daher faktisch ein Plädoyer für die Fortsetzung des kriegerischen Alptraums.

Soll es im Nahen Osten Frieden geben, braucht es zwei souveräne und ökonomisch lebensfähige Staaten, die sich langfristig durch kulturelle und wirtschaftliche Verflechtungen vielleicht einmal zu einem Staatenbund zusammen schließen mögen. Das ist aber leider gerade nur ein schöner Traum.

Als Linker kann man doch nicht Antisemit sein.

Wenn bei einer Flugzeugentführung einer deutschen linken Stadtguerillagruppe alle Geiseln frei gelassen werden außer den jüdischen, kann man dann noch sagen, dass ein Linker kein Antisemit sein kann? Das Beispiel Entebbe 1976 zeigt, wie kurz der Weg von einem verkürzten, bedingungslosen und antizionistischen Antiimperialismus zum mörderischen Antisemitismus ist.

In den 1970er Jahren durfte sich noch der Linken zurechnen, wer Juden selektierte, heute gehört offensichtlich noch zur Linken, wer den Holocaust im neurechten Sprachstil als „deutschen Schuldkomplex“ relativiert oder die Linke, die das Existenzrecht Israels verteidigt, als „politisch korrekte Linke“ verballhornt. Aber von Werner Pirker, der von der „kriegerischen Existenzform“ Israels spricht oder es in „nahöstlicher Aktionseinheit“ mit den USA zum „Gravitationszentrum“ des imperialistischen Krieges imaginiert, ist anderes nicht zu erwarten. Aber warum darf ein antisemitischer Querfrontler wie er weiter in einer Zeitung wie der jungen Welt schreiben?

Zweifelhaftes gibt es auch diesseits der „jungen Welt“: Hermann Dierkes, Fraktionsvorsitzender der LINKEN in Duisburg, verteidigt munter Boykottaktionen gegen israelische Waren. Bei solchen Linken muss man mit dem österreichischen Kommunisten Walter Baier feststelllen: „Vor allem müsste aber der Satz, man könne als Linker nicht Antisemit sein, neu formuliert werden: Man hört als Antisemit ganz sicher auf, ein Linker zu sein.“

Die Gaza-Flottille ist eine humanitäre Aktion.

Ein Argument für die Flottille lautet: Sie sei eine rein humanitäre Aktion. Aber gab es tatsächlich keinen anderen Weg, die Hilfsgüter zu den von der Blockade Betroffenen zu bringen? Israel hatte damals angeboten, die Güter im Hafen zu löschen und dann nach Gaza zu transportieren. Dies wurde jedoch von der Hamas abgelehnt. Hintergrund des israelischen Angebots war die Sorge, dass sich unter den Hilfsgütern auch Waffen befanden. Diese Sorge ist nicht unbegründet: Schließlich wurden vom Gaza-Streifen wiederholt Raketen auf israelische Zivilisten abgefeuert.

Schon bei der ersten Flottille hätte es also einen weniger eskalativen Weg gegeben. Inzwischen ist zumindest für den Personenverkehr der Grenzübergang Rafah zwischen Gaza und Ägypten geöffnet. Nach einem Zwischenfall wurde dieser übrigens geschlossen und es war die palästinensische Seite, die die Schließung mehrere Tage aufrecht erhielt, auch nachdem Ägypten sie bereits aufgehoben hatte.

Auch folgender Umstand rückt die Motive der Flottillen-Organisatoren in ein fragwürdiges Licht: Vor der Aktion bat die Familie des von der Hamas inhaftierten israelischen Soldaten Gilad Schalit die Flottillen-Organisatoren, dem Entführten Lebensmittel mitzunehmen und die Hamas für Schalits Freilassung zu gewinnen. Im Gegenzug bot sie an, das Free-Gaza-Movement gegenüber der israelischen Regierung zu unterstützen. Laut dem Anwalt der Familie wurde dies abgelehnt. Eine rein humanitäre Aktion hätte anders gehandelt.

Von der Beteiligung der Hamas wussten wir nichts.

Ein weiteres Argument für die Gaza-Flottille lautet, es habe sich um eine politische Demonstration gehandelt. Gerade, wenn man ein politisches Zeichen setzen möchte, sollte man prüfen, mit WEM man es setzt. Bei den Montagsdemos gegen Hartz IV war es eine Selbstverständlichkeit, die Beteiligung der NPD zu verhindern. Wir wollten das Zeichen „Weg mit Hartz IV!“ eben nicht gemeinsam mit Neo-Nazis setzen. Eine solche klare Grenzziehung zu fragwürdigen Organisationen wird jedoch bei der Flottille unterlassen.

So ist eine der treibenden Kräfte der Flottille die islamische Organisation IHH, die als Vorfeldorganisation der Hamas gilt. IHH-Chef Bülent Yildirim sprach offen Israel das Existenzrecht ab: „Wir haben keine Problem mit Juden, aber wir haben ein Problem mit einem Platz. … Unser Problem ist der Zionismus, der wie ein Virus die Menschheit befallen hat.“ (http[1]://[2]www[3].[4]memri[5].[6]org[7]/[8]report[9]/[10]en[11]/0/0/0/0/0/833/5185.[12]html[13])

Zur Entkräftung des Vorwurfs, es habe bei der Abfahrt einiger Schiffe antisemtische Gesängen gegeben, wird lediglich argumentiert: Das habe man nicht mitbekommen, weil man andernorts abgefahren sei. Jedoch: Auch wenn die Schiffe an unterschiedlichen Orten starten, sind sie in der politischen Demonstration Teil derselben Flottille. Insofern gilt es kritisch zu prüfen, wem man mit seiner eigenen Bekanntheit moralische Deckung gibt. Also Augen auf bei der Bündnispolitik!

Links:

  1. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  2. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  3. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  4. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  5. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  6. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  7. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  8. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  9. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  10. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  11. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  12. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html
  13. http://www.memri.org/report/en/0/0/0/0/0/833/5185.html