zwei Schritte nach vorne

Die griechische Linke auf dem Syntagma-Platz

Elena Papadopoulos
Zwei Schritte vor und drei zur Seite

Seit dem vergangenen Jahr wurde Griechenland zum PIG-Staat (zu einem von den sechs OECD-Mitglieder mit den größten finanziellen Problemen) deklariert. Tatsächlich ist es nicht nur das ökonomische Paradigma der EU, sondern auch das Eingreifen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und die harten Sparmaßnahmen ohne jeden Sozialdialog, die in Griechenland getestet werden.

Die aktuelle Krise hat nicht nur die Schwächen des Kapitalismus aufgedeckt. Sie hat auch die traditionell sehr auf die soziale Frage orientierte griechische Linke vor Herausforderungen gestellt. In der griechischen Linken liegen drei Zugänge zur Überwindung der Schuldenkrise vor. Vereinfacht gesagt entsprechen sie den drei großen Bestandteilen der griechischen Linken: Das Linksbündnis SYRIZA (das in dieser Frage nicht vollständig einer Meinung ist) schlägt eine europaweite Lösung vor, die das Schuldenproblem als gemeinsames Phänomen begreift. Es weist eine Rückkehr zu einer nationalen Währung zurück, da dies einen Währungskrieg in Gang setzen könne. Die außerparlamentarische Linke fordert, die Schulden nicht zurückzuzahlen, die Abschaffung des Euro und eine Abwertung der nationalen Währung. Die kommunistische Partei kritisiert wie immer die neoliberale EU, schlägt allerdings keine Rückkehr zur Drachme vor, da dies der Arbeiterklasse keine Fortschritte bringen würde. Das alles macht weitere Konflikte um die Zukunft Europas, um nationale Entwicklungsprogramme und internationale Arbeiter_innenkämpfe sichtbar.

Das weiteres Thema war die Bewegung der „Empörten“. Am 26. Mai, einige Wochen nach den Mobilisierungen zur Puerta del Sol in Spanien, versammelten sich zehntausende Menschen auf dem Athener Syntagma-Platz und besetzen ihn über einen Monat lang Tag für Tag. Was auf dem Syntagma-Platz stattfand, war ein Prozess der Selbst-Organisierung, des offenen Dialogs und des Protests gegen das gesamte politische System sowie die Gegnerschaft gegen alle Parteien und gegen die organisierten Gewerkschaften. Einige Leute versammelten sich am oberen Teil des Platzes und skandierten Parolen gegen Korruption und Sparpolitik. Während andere an der täglichen „popular assembly“ teilnahmen, einer offenen Diskussion, bei der die Forderung nach „real democracy“ in die Tat umgesetzt wurde. Die Haltung der Linken gegenüber der Bewegung war schwierig für beide Seiten. Trotz aller Vorbehalte war der größte Teil der Linken – außer der kommunistischen Partei – auf dem Syntagma-Platz mit dem Versuch, sich in die Suche nach Antworten auf neue und wiederbelebte Fragen nach Gleichheit, Demokratie, nach der Rolle der Institutionen, der Entwicklung des Kapitalismus und der Bedeutung von Repräsentation einzuschreiben, präsent. Was die Linke hoffentlich vom Syntagma-Platz mitgenommen hat, ist ein Verständnis für neue Akteure in Politik und Gesellschaft und die Notwendigkeit, sich als Subjekt der Transformation neu zu bewerten. Je stärker die griechische Regierung versucht hat, ihre Lösungsansätze für die Schuldenkrise als Erfolg zu präsentieren, desto stärker hat sich die Ablehnung ihrer Politik verbreitet. Es bleibt eine Aufgabe für die Linke, nach Wegen zu suchen, wie sie für die arbeitenden Menschen – nicht nur in Griechenland, sondern in ganz Europa – nützlich sein kann. Das erfordert mehr Willen zur Kooperation sowie eine europäische Linke, die Widerstände und Transformationen koordiniert, vereinigt und vervielfältigt.