Essen und gegessen werden
Erst so ein Fressen und dann auch noch Moral!
Kostas Papanastasiou: Essen folgt einerseits dem Gefühl des Hungers und des Durstes, aber seit der Antike ist es auch eine Philosophie. Bei einem Glas Wein nach dem Essen soll der Geist aufleben. In der griechischen Philosophie bedeutet das Wort Symposium „zusammen trinken“. Philosophen und Denker tranken gemeinsam.
Papanastasiou: Das alte Wort Symposium hat mit dem heutigen auch nicht mehr viel gemein. Aber damals gehörte der Wein dazu. Die alten Griechen haben auch die Weinschorle entdeckt, damit der Wein seine Wirkung nicht sofort entfaltete.
Papanastasiou: In Griechenland entstehen beim Essen die interessantesten Gespräche und Diskussionen. Es ist üblich, dass man sich zum Essen einlädt, wenn man etwas zu besprechen hat. In Griechenland sitzt sonntags oft die ganze Familie beim Essen zusammen. Aber Freunde und Verwandte sind immer willkommen und es ist selbstverständlich, die Speisen mit ihnen zu teilen. In Deutschland habe ich hingegen den Eindruck, dass spontaner Besuch als Störung empfunden wird. Hier will die Familie während des Essens lieber für sich bleiben. In gewisser Weise ist die Esskultur in Deutschland daher abgeschlossener, während sich in Griechenland die Menschen freuen, wenn noch Gäste hinzukommen und dadurch andere – nicht nur familiäre – Gespräche entstehen.
Aber nicht nur in der Familie gibt es eine andere Ess- und Trinkkultur. Insbesondere auf dem Land treffen sich ältere Männer im Kafenio, einem Kaffee auf dem Dorfplatz. Dort liest einer die Zeitung und alle diskutieren. Das führt dazu, dass die politische Bildung auch der einfachen Griechen gut ist. Selbst ein einfacher älterer Grieche weiß, dass es große Demonstrationen in Deutschland gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands unter Adenauer gab. Weiß das hier noch jemand?
Papanastasiou: Die Situation in Griechenland ist wirklich dramatisch. Die Art und Weise, wie versucht wird, in Griechenland die Krise zu lösen, hat hunderttausende griechische Familien in Armut gestützt. Viele Menschen sind von Suppenküchen abhängig. Im August habe ich an meine Freunde einen Brief geschrieben, um sie für die Lage in Griechenland zu sensibilisieren und ihnen angekündigt, dass ich am 26. August 20 Prozent der Tageseinnahmen des „Terzo Mondo“ für Griechenland spenden werde. Beim Versuch, eine Suppenküche in Griechenland aufzubauen, lernte ich die Hilfsorganisation „Ärzte der Welt“ kennen. Sie bauen in Griechenland mobile Kliniken auf. Denn nicht nur die Versorgung mit Nahrungsmittel ist problematisch, auch die medizinische Versorgung droht zusammenzubrechen. Deshalb hat das „Berliner Forum Griechenlandhilfe“, dem ich angehöre, gemeinsam mit der Hilfsorganisation „Ärzte der Welt“ eine Spendenaktion gestartet.
Papanastasiou: Die Medien in Deutschland tun so, als wäre der kleine griechische Nico schuld an der Krise. Leider glaubt der kleine deutsche Hans das auch noch. Diese Berichterstattung tut so, als gäbe es bessere und schlechtere Völker in Europa. Sie schürt Ressentiments. Diese Einseitigkeit ist tödlich für das gemeinsame Europa. Dabei wird völlig vergessen, wie die Griechen sich zu Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg verhalten haben. Das erste Goethe-Institut wurde in Athen eröffnet. Die erste Auslandsreise eines Bundespräsidenten führte nach Griechenland. Und dies vor dem Hintergrund, dass sich die Griechen wie kaum ein anderes Land in Europa im Widerstand gegen die deutschen Faschisten bewährt haben.
Papanastasiou: Als der damalige Premierminister Papandreou eine Volksabstimmung über die Maßnahmen der Troika vorschlug, da dampfte es plötzlich in den Regierungen Europas, weil sie genau wussten, was dann passieren würde.
Papanastasiou: Muss man es nicht als Staatsstreich bezeichnen, wie es eine deutsche Zeitung getan hat, wenn die demokratischen Entscheidungen eines Landes von den anderen Ländern in Europa nicht akzeptiert werden? Ein anderes Beispiel: Vor den Wahlen im Juni 2012 veröffentlichten deutsche Zeitungen Kommentare auf Griechisch. Sie drohten der griechischen Bevölkerung, sollte sie die Falschen in die Regierung wählen.
Papanastasiou: Dabei könnte Syriza die politische Kraft werden, die verschiedene Menschen in Griechenland zusammenbringt, die die Korruption bekämpft und die Steuerzahlungen durchsetzt. Syriza wird von vielen Menschen unterstützt, die auf der Suche nach fähigeren Politikern sind. Das ist eine Hoffnung.
Papanastasiou: Wenn Europa eine Vereinigung demokratischer Länder ist, dann müssen die anderen Länder auch demokratische Entscheidungen akzeptieren. Man kann dann nicht nur die Entscheidungen eines Landes akzeptieren, wenn die eigene Schwesterpartei ein Land regiert. Deshalb müsste auch die CDU hier mit der Wahl von Syriza einverstanden sein, wenn das griechische Volk sie gewählt hat.
Papanastasiou: Der Populismus vieler Politiker hier führt zur Feindlichkeit gegenüber der Idee der Integration Europas. Würde man in den südlichen Ländern eine Volksbefragung über die Politik der Troika durchführen, befürchte ich, dass die Menschen sagen: Mit so einem Europa wollen wir nichts zu tun haben. In einem Radiogespräch mit Geisteswissenschaftlern und Ökonomen hörte ich einmal jemanden sagen, dass ein Auseinanderbrechen Europas Krieg bedeuten könnte. Wissen Sie, diese Angst habe ich auch.
Papanastasiou: Ich komme viel in Europa herum. Die Menschen sind sich sehr ähnlich. Europa hat viele gemeinsame, Jahrtausende alte Wurzeln. Die griechische Philosophie ist davon eine. Meine Hoffnung ist, dass die Menschen sich als Europäer begreifen, als Menschen eines großen Landes.
Papanastasiou: Bifteki kann ich sehr empfehlen.
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In EU und Euroraum erleben wir wie der neoliberale, finanzgetriebene Kapitalismus einfach so weitermacht wie bisher. Was eine linke Antwort ist, kann als umstritten gelten: Rückzug in den nationalstaatlich organisierten Kapitalismus oder eine solidarische und demokratisierte Wirtschaftsordnung in Europa?
Wer ist das Volk in „Wir sind das Volk“? — Wir haben uns in Europa und den Amerikas auf die Suche nach dem Volk der rechten Wutbürger und dem Volk des Linkspopulismus begeben. Gefunden haben unsere AutorInnen populistische Elemente in der repräsentativen Demokratie und einen radikaldemokratische Impetus des Linkspopulismus. In den Beiträgen werden Fragen nach der (Un)Möglichkeit des Pluralismus innerhalb linkspopulistischer Strategien und nach der Realpolitik des Populismus an der Macht gestellt.
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Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen. … oder höchstens eine ganz kleine vielleicht oder einen Zaun aus Natodraht. Die selektive Abschottung des „Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ nach außen ist in seiner bisherigen Form gescheitert. Unsere AutorInnen intervenieren in diese Neuaushandlung zentraler Fragen von Nationalstaatlichkeit, globalen Rechten und Demokratie ...
Putinversteherin und Faschistenfreund – in Diskussionen über den Umgang mit bewaffneten Konflikten, wird schnell auch rhetorisch scharf geschossen. In seiner neuen Ausgabe fragt prager frühling wie eigentlich linke Weltinnenpolitik geht und wie eine Neuerfindung des politischen Pazifismus ins Werk zu setzen wäre.
Griechenland hat die Austeritätspolitik abgewählt - durchgesetzt hat dies eine linke soziale Bewegung auf den Straßen und Plätzen. Ohne die enge Verzahnung mit Syriza als parlamentarischer Verlängerung wäre dies nicht möglich gewesen. In Dresden hingegen marschiert mit Pegida eine neue APO von rechts und mit der AfD rückt eine neue Rechtspartei in die Parlamente ein. Genügend Gründe also sich mit den Formatierungen parlamentarischer Demokratie zu beschäftigen. Spielräume für emanzipatorische Kämpfe zu ergründen und Beschränkungen einer Politik im Zählverein zu analysieren.
Elendig lange scheint es her, dass Francis Fukuyama en passant mit dem Ende der Geschichte auch das Ende des Zukunftsdenkens ausgerufen hat. Elendig ist das gegenwärtige Zukunftsdenken auch nach dem Ende dieses „Endes der Geschichte“. In Politik, Wissenschaft und Literatur ist der Bedeutungshorizont von Zukunft auf die Begrifflichkeiten der Versicherungsmathematik zusammengeschrumpft. Der Versuch einer Rettung
Emanzipatorische Alternative jenseits von Markt und Staat oder nur Lückenbüßer für vormals staatlich organisierte Aufgaben? Unsere Autor*innen haben sich auf die Suche nach heutigen Commons gemacht. Im ersten Teil der Ausgabe haben sie die Kontaktzonen zum Markt, Staat und Care-Ökonomien besichtigt und theoretisch vermessen. Im zweiten Teil der Ausgabe haben sie Gemeinschaftsgärten durchstreift sowie an „Energietischen“ gesessen, um Kämpfe um Commons zu dokumentieren.
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Nein, ihr habt’s wieder falsch verstanden! Entschleunigung heißt nicht Breitbandrossel, liebe Telekom. Und Du, Frankfurter Polizei: Die Entdeckung der Langsamkeit meint nicht, zehn Stunden Zwangsentschleunigung im Kessel. In der Stress-Ausgabe prager frühling geht’s, darum wie man es richtig macht.
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Die neue Ausgabe des prager frühling erscheint am 26.10.2012 und kann hier bestellt werden.Im Schwerpunkt geht es diesmal um die „Neue soziale Idee“ und damit die Frage nach emanzipatorischen Potentialen, aber auch den Grenzen einer linken Sozialpolitik.
Und in Berlin singen die Ultras von der FDP gemeinsam mit den Polithools vom rechten Rand: „Protektorat statt Europarat!“ Wird in Griechenland bald mehr als nur Deutsch gesprochen? Unsere AutorInnen stellen sich dem Einmarsch entgegen. Lucas Oberndorfer analysiert den autoritären Wettbewerbsetatismus als Krisenbearbeitungsstrategie ...
Von wegen „schönste Nebensache“ der Welt. Sex ist diesmal der Schwerpunkt unseres Heftes. Während uns die Starsoziologin Eva Illouz über den Zusammenhang von Kapitalismus und Partnerwahl aufklärt, analysiert Kathy Meßmer Intimchirurgie als widersprüchliche Praxis. Außerdem im Schwerpunkt: ...
Ach diese Linken! Sie wissen genau, wie es Frieden zwischen Ramallah und Tel Aviv geben kann und sie brüllen es heraus – in Düsseldorf und Frankfurt. Während die Einen schreien: „Straßenschlacht in Ramallah, die Panzer sind die Antifa“, brüllen die Anderen: „Intifada bis zum Sieg ...
prager frühling stößt an: ein Prosit den Parallelgesellschaften! Schon klar, Integration fordert immer die Anderen. Deshalben sagen wir: "Erst wenn Efes sich ins deutsche Biersortiment eingegliedert hat und ein Hefeweizen anbietet, werdet ihr merken, dass man so etwas nicht trinken kann." Wie aber geht sozialistischer Antirassismus? Etienne Balibar, Nichi Vendola und viele andere versuchen sich in Antworten ...
Dissidenz und ziviler Ungehorsam sind die Hefe linker Politik. Kann Sie auch Schmiermittel des Kapitalismus sein? Wo schlägt Subversion in unpolitischen Abweichungsfetisch um? Unsere Autor_innen schauen nach, diskutieren und polemisieren.
Ist geistiges Eigentum Diebstahl? Stellen Raubkopien das Ergebnis von Aneignung oder eine besonders perfide Ausbeutung des Kreativproletariats dar? Darüber diskutieren in unserem Heft u.a. Michael Hardt, Cornelia Koppetsch, Sabine Nuss und Stefan Meretz. Digital Natives diskutieren die Implikationen der Digitalisierung von Demokratie ...
„Crossover“ ist der Versuch, eine Diskussion über politische Kooperation von sozialistischen, grünen und sozialdemokratischen Positionen in Gang zu setzen, deren Ergebnis hegemoniefähige progressive Reformprojekte werden sollen. So nahe liegend dies angesichts des Niedergangs der neoliberalen Ära ist, so blockiert ist diese Perspektive dennoch ...
Den politischen Gemütszustand unserer Welt beschreibt nichts besser als der alte Kalauer: „Öko? Logisch.“ Niemand schmunzelt mehr drüber, aber alle nehmen den Schenkelklopfer für sich in Anspruch. Dass alles irgendwie auch „öko“ sein müsse, also die Sache mit der Umwelt halt ein Problem sei, ist – logisch – Allgemeinplatz geworden ...
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Original sanktionsfrei: Weg mit Hartz IV! Her mit dem schönen Leben! Neben vielen investigativen und weniger investigativen Beiträgen zum Hartz IV-Regime, wollen wir Euch in dieser Ausgabe auch unseren Vorschlag vorstellen, dem Hartz IV-Regime die Forderung nach einem Infrastruktursozialismus entgegen zu setzen ...
Februar 2009 erschien die dritte Ausgabe des prager frühling. Das Schwerpunktthema ist "Demokratie und Herrschaft" mit Beiträgen und Artikeln von Chantal Mouffe (University of Westminster, London), Jürgen Peters (IG Metall), Colin Crouch, Franziska Drohsel (Juso-Vorsitzende), die Gruppe Soziale Kämpfe, Sonja Buckel (Universität Frankfurt) und viele andere mehr ...
Mitte Oktober 2008 kam die zweite Ausgabe von prager frühling, dem neuem Magazin für Freiheit und Sozialismus. Das nächste Heft widmet sich schwerpunktmäßig dem Verhältnis von Politik und Kultur. Ziel der Redaktion ist es, politisches Engagement und Kultur einander näher zu bringen. Dabei geht es nicht um eine Kolonisierung des einen Bereichs durch den anderen ...
Der Schwerpunkt der ersten Ausgabe des Magazins prager frühling heißt "Refound: NeuBegründung". Unsere Autorinnen erklären was der "Bruch nach vorn" ist. Mit dabei Frigga Haug, Thomas Seibert, Hans Jürgen Urban, Daniela Dahn und Michel Friedmann.