Wo Strom ist, ist Widerstand
Digitaler Protest und elektronische Demokratie
Eine Kritik an der derzeitigen Verfassung real existierender demokratischer Strukturen ist mehr als angebracht. Das gilt für die unzureichende Kontrolle von Regierung und politischer Entscheidungsfindung sowie für die mangelnde Fähigkeit soziale Machtungleichheiten auf der politischen Ebene nicht einfach nur widerzuspiegeln. Für die Interessensdurchsetzung gesellschaftlicher Eliten auf Kosten sozial Abgehängter und die Entkopplung parlamentarischer Politik von Belangen der Bürgerinnen gilt gleiches. Ob diese Diagnosen nun unter den Titel der „Post-“ oder der „Publikumsdemokratie“ gestellt werden, regelmäßig wird ihre Pointe darin gesehen, dass sie auf eine Kritik des Prinzips der Repräsentation hinauslaufen. Bemerkenswert ist, dass auch gleich eine Kur empfohlen wird. Das probate Mittel gegen die Malaisen der demokratisch-repräsentativen Verfahren sei eine Verstärkung direkt-demokratischer und allgemein partizipativ-unmittelbarer Elemente. Dass nun die Idee direkter Demokratie gegen jene der Repräsentation gesetzt wird, ist alt. Im Hintergrund stehen unterschiedliche Vorstellungen von Legitimität und von den Rationalitätspotentialen von Politik und Demokratie.
Interessant ist, dass diese Idee im Zuge des zunehmenden Bedeutungsgewinns des neuen Internets – des Web 2.0 — die Überlegungen vieler orientiert. Wenn das Aufkommen neuer Kommunikationsmittel eine Kritik der repräsentativen im Namen direkter Demokratie animiert, dann liegt dem ein weitverbreitetes Missverständnis zugrunde. Die Idee, politische Strukturen auf Prinzipien der Repräsentation beruhen zu lassen, ist keinesfalls der Größe heutiger Staaten und Gesellschaften geschuldet. Repräsentation ist nicht ein defizitärer Behelf, leider erforderlich, da wir nicht in einer antiken Polis oder Rousseauschen Städterepublik leben und nicht in einer öffentlichen Versammlung gemeinsam zu Entscheidungen kommen können. Stattdessen werden gerade in der republikanischen Tradition vor allem zwei Eigenschaften mit Repräsentation verbunden: Erstens eine verbesserte Meinungsbildung und bessere politische Entscheidungen durch politische Deliberation. Entscheidungen können nur dann „demokratisch“ getroffen werden, wenn auch ein Raum entsteht, in dem Argumente ausgetauscht und Diskussionen stattfinden können. Zweitens eine Arbeitsteilung, die es denjenigen, die den Sinn ihres Lebens nicht in der politischen Partizipation sehen, oder aufgrund beruflicher oder privater Verpflichtungen keine Zeit zum Engagement für die öffentliche Sache haben, dies ermöglicht und ihnen zugleich eine Teilhabe an der Kontrolle der Politik sichert.
Repräsentative Prinzipien wurden in Kritik der Unzulänglichkeiten direkter Demokratie entwickelt. Insofern besteht die Gefahr, dass man durch die Demokratisierung das Kind mit dem Bade ausschüttet, da die zu begrüßenden Eigenschaften, die mit dem Prinzip der Repräsentation verbunden sind, durch direkt-demokratische Verfahren schwinden werden. Zudem wird schon beim einfachen Blick auf die Prozesse im Web 2.0 oder das Verfahren der Liquid Democracy deutlich: Auch hier kommen die Beteiligten in der Regel irgendwann auf Mechanismen der Repräsentation zurück. Es gibt praktisch kein jenseits der Repräsentation. Das spricht nicht prinzipiell gegen partizipative Demokratie und auch nicht gegen Volksentscheide. Aberes sollte sehr kritisch geprüft werden, ob denn eine Verstärkung direkt-demokratischer Anteile in den politischen Verfahren tatsächlich das beste Gegenmittel zu den diagnostizierten Problemen der „Postdemokratie“ ist. Die Erfahrungen mit den jüngsten Volksentscheiden zeigen: Mal geht so etwas gut aus, mal nicht. Das herrschaftskritische Bewusstsein einer Kluft zwischen Regierenden und Regierten ist erforderlich, damit die Regierten tatsächlich von ihren Kontrollmöglichkeiten Gebrauch machen. Dies ist so etwas wie eine dritte Eigenschaft der Repräsentation: Der Basso Continuo des „Vote the bastards out“, der nicht legitimationstheoretisch befriedet werden sollte. Am Ende bleibt auch hier das eherne Problem des politischen Kampfes der Machtlosen, jene zu mobilisieren, die die Opfer und Elenden der Verhältnisse sind. Dies bleibt die eigentliche Schwierigkeit, die man mit keiner institutionellen Phantasie gelöst bekommt.
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Die Gegenwart ist reich an Mythen: Die Linke interessiere sich nicht mehr für die Arbeiterklasse und der globale Aufbruch von `68 sei ein Aufstand der ohnehin Privilegierten. Dieser grassierenden Geschichtslosigkeit entgegen rekonstruieren wir das Unabgegoltene des Aufstands im Mai `68 und fragen nach den Folgen der Niederschlagung des Prager Frühling für die Linke in Ost- und Westeuropa ...
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Ob PASOK in Griechenland oder die Parti Socialiste in Frankreich, in vielen Ländern sind die Sozialdemokraten zu Kleinstparteien geworden. Auch hierzulande geht’s der SPD alles andere als gut. Was bedeutet die Schwäche der SPD für die Linke? Was für eine sozialistische Europapolitik? Eine Ausgabe über Glanz und Elend der realexistierenden Sozialdemokratie.
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Wer ist das Volk in „Wir sind das Volk“? — Wir haben uns in Europa und den Amerikas auf die Suche nach dem Volk der rechten Wutbürger und dem Volk des Linkspopulismus begeben. Gefunden haben unsere AutorInnen populistische Elemente in der repräsentativen Demokratie und einen radikaldemokratische Impetus des Linkspopulismus. In den Beiträgen werden Fragen nach der (Un)Möglichkeit des Pluralismus innerhalb linkspopulistischer Strategien und nach der Realpolitik des Populismus an der Macht gestellt.
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Putinversteherin und Faschistenfreund – in Diskussionen über den Umgang mit bewaffneten Konflikten, wird schnell auch rhetorisch scharf geschossen. In seiner neuen Ausgabe fragt prager frühling wie eigentlich linke Weltinnenpolitik geht und wie eine Neuerfindung des politischen Pazifismus ins Werk zu setzen wäre.
Griechenland hat die Austeritätspolitik abgewählt - durchgesetzt hat dies eine linke soziale Bewegung auf den Straßen und Plätzen. Ohne die enge Verzahnung mit Syriza als parlamentarischer Verlängerung wäre dies nicht möglich gewesen. In Dresden hingegen marschiert mit Pegida eine neue APO von rechts und mit der AfD rückt eine neue Rechtspartei in die Parlamente ein. Genügend Gründe also sich mit den Formatierungen parlamentarischer Demokratie zu beschäftigen. Spielräume für emanzipatorische Kämpfe zu ergründen und Beschränkungen einer Politik im Zählverein zu analysieren.
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Emanzipatorische Alternative jenseits von Markt und Staat oder nur Lückenbüßer für vormals staatlich organisierte Aufgaben? Unsere Autor*innen haben sich auf die Suche nach heutigen Commons gemacht. Im ersten Teil der Ausgabe haben sie die Kontaktzonen zum Markt, Staat und Care-Ökonomien besichtigt und theoretisch vermessen. Im zweiten Teil der Ausgabe haben sie Gemeinschaftsgärten durchstreift sowie an „Energietischen“ gesessen, um Kämpfe um Commons zu dokumentieren.
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Unsere AutorInnen fragen sich, ob die Schwarmintelligenz den Cybersexismus überwinden kann und wo genau die Grenzen des digitalen Medienbaukastens verlaufen. Kai van Eikels analysiert die Ideologie des „Nerds“ und Mathias Schindler erklärt, wie es mit Wikipedia weitergeht. In den Feminismen gibt Dr. Lady Bitch Ray dem Feminismus der ersten Welle einen fetten Zungenkuss, während Stefan Gerbing in der ersten Hurenzeitung der Weimarer Republik geblättert hat.
Nein, ihr habt’s wieder falsch verstanden! Entschleunigung heißt nicht Breitbandrossel, liebe Telekom. Und Du, Frankfurter Polizei: Die Entdeckung der Langsamkeit meint nicht, zehn Stunden Zwangsentschleunigung im Kessel. In der Stress-Ausgabe prager frühling geht’s, darum wie man es richtig macht.
Der Realsozialismus ist auch auf der Speisekarte gescheitert: Als Diktatur des schlechten Geschmacks. Die Verhältnisse an kapitalistischen Tafel sind nicht weniger ungenießbar. Tausch von ökonomischem und sozialem Kapital geht vor. Wenn Renate Künast eine Flasche fairen Bio-Orangensaft kauft, geht locker das Tagesbudget eines Hartz-IV beziehenden Kindes über die Theke ...
Die neue Ausgabe des prager frühling erscheint am 26.10.2012 und kann hier bestellt werden.Im Schwerpunkt geht es diesmal um die „Neue soziale Idee“ und damit die Frage nach emanzipatorischen Potentialen, aber auch den Grenzen einer linken Sozialpolitik.
Und in Berlin singen die Ultras von der FDP gemeinsam mit den Polithools vom rechten Rand: „Protektorat statt Europarat!“ Wird in Griechenland bald mehr als nur Deutsch gesprochen? Unsere AutorInnen stellen sich dem Einmarsch entgegen. Lucas Oberndorfer analysiert den autoritären Wettbewerbsetatismus als Krisenbearbeitungsstrategie ...
Von wegen „schönste Nebensache“ der Welt. Sex ist diesmal der Schwerpunkt unseres Heftes. Während uns die Starsoziologin Eva Illouz über den Zusammenhang von Kapitalismus und Partnerwahl aufklärt, analysiert Kathy Meßmer Intimchirurgie als widersprüchliche Praxis. Außerdem im Schwerpunkt: ...
Ach diese Linken! Sie wissen genau, wie es Frieden zwischen Ramallah und Tel Aviv geben kann und sie brüllen es heraus – in Düsseldorf und Frankfurt. Während die Einen schreien: „Straßenschlacht in Ramallah, die Panzer sind die Antifa“, brüllen die Anderen: „Intifada bis zum Sieg ...
prager frühling stößt an: ein Prosit den Parallelgesellschaften! Schon klar, Integration fordert immer die Anderen. Deshalben sagen wir: "Erst wenn Efes sich ins deutsche Biersortiment eingegliedert hat und ein Hefeweizen anbietet, werdet ihr merken, dass man so etwas nicht trinken kann." Wie aber geht sozialistischer Antirassismus? Etienne Balibar, Nichi Vendola und viele andere versuchen sich in Antworten ...
Dissidenz und ziviler Ungehorsam sind die Hefe linker Politik. Kann Sie auch Schmiermittel des Kapitalismus sein? Wo schlägt Subversion in unpolitischen Abweichungsfetisch um? Unsere Autor_innen schauen nach, diskutieren und polemisieren.
Ist geistiges Eigentum Diebstahl? Stellen Raubkopien das Ergebnis von Aneignung oder eine besonders perfide Ausbeutung des Kreativproletariats dar? Darüber diskutieren in unserem Heft u.a. Michael Hardt, Cornelia Koppetsch, Sabine Nuss und Stefan Meretz. Digital Natives diskutieren die Implikationen der Digitalisierung von Demokratie ...
„Crossover“ ist der Versuch, eine Diskussion über politische Kooperation von sozialistischen, grünen und sozialdemokratischen Positionen in Gang zu setzen, deren Ergebnis hegemoniefähige progressive Reformprojekte werden sollen. So nahe liegend dies angesichts des Niedergangs der neoliberalen Ära ist, so blockiert ist diese Perspektive dennoch ...
Den politischen Gemütszustand unserer Welt beschreibt nichts besser als der alte Kalauer: „Öko? Logisch.“ Niemand schmunzelt mehr drüber, aber alle nehmen den Schenkelklopfer für sich in Anspruch. Dass alles irgendwie auch „öko“ sein müsse, also die Sache mit der Umwelt halt ein Problem sei, ist – logisch – Allgemeinplatz geworden ...
Die Linke und die Nation ist der Schwerpunkt der fünften Ausgabe des prager frühlings. Außerdem beschäftigen wir uns unter dem Motto "balkan beats" mit der Linken in Post-Jugoslawien. Mit dabei sind Thomas Seibert, Julia Bonk, Klaus Höpcke, Michel Albert, Christin Löchner, Lothar Bisky, Ringo Bischoff, Katja Kipping, Andreas Fischer-Lescano und die Band Ego-Tronic ...
Original sanktionsfrei: Weg mit Hartz IV! Her mit dem schönen Leben! Neben vielen investigativen und weniger investigativen Beiträgen zum Hartz IV-Regime, wollen wir Euch in dieser Ausgabe auch unseren Vorschlag vorstellen, dem Hartz IV-Regime die Forderung nach einem Infrastruktursozialismus entgegen zu setzen ...
Februar 2009 erschien die dritte Ausgabe des prager frühling. Das Schwerpunktthema ist "Demokratie und Herrschaft" mit Beiträgen und Artikeln von Chantal Mouffe (University of Westminster, London), Jürgen Peters (IG Metall), Colin Crouch, Franziska Drohsel (Juso-Vorsitzende), die Gruppe Soziale Kämpfe, Sonja Buckel (Universität Frankfurt) und viele andere mehr ...
Mitte Oktober 2008 kam die zweite Ausgabe von prager frühling, dem neuem Magazin für Freiheit und Sozialismus. Das nächste Heft widmet sich schwerpunktmäßig dem Verhältnis von Politik und Kultur. Ziel der Redaktion ist es, politisches Engagement und Kultur einander näher zu bringen. Dabei geht es nicht um eine Kolonisierung des einen Bereichs durch den anderen ...
Der Schwerpunkt der ersten Ausgabe des Magazins prager frühling heißt "Refound: NeuBegründung". Unsere Autorinnen erklären was der "Bruch nach vorn" ist. Mit dabei Frigga Haug, Thomas Seibert, Hans Jürgen Urban, Daniela Dahn und Michel Friedmann.