Feiern, wie sie fallen?!?
Über das Verhältnis von Opponieren, Regieren und Protestieren
Die Zukunft der Europäischen Union wird nicht im Europäischen Rat entschieden, nicht durch die Kommission und bislang auch nicht im Europäischen Parlament. Auch wenn in diesen Gremien und Institutionen weitreichende Entscheidungen gefällt werden, die selbst Grundlagen der EU betreffen, auch wenn in nationalen Parlamenten oder selten einmal in Volksbefragungen über europäische Vertragswerke abgestimmt wird, liegt die Zukunft in den Händen der halben Milliarde EU-Bürgerinnen und Bürger. Letztendlich sind sie es, die politische Parteien damit beauftragen, ihre Interessen in der EU zu vertreten. Doch die gegenwärtige Konstruktion der EU ist wesentlich beschränkt auf die Durchsetzung von Freihandel und Wettbewerb. Die sozialen Interessen der Bürger*innen kommen in dieser Konstruktion meist nicht – oder als Hemmnis dieser marktliberalen Vorstellung – vor. So ist es kein Wunder, dass diese EU von vielen als Bedrohung sozialer Rechte wahrgenommen wird. Man muß kein Nostradamus sein, um vorherzusehen, dass Akzeptanz und damit letztendlich der Bestand der EU sich an der Frage der Sozialunion entscheiden wird.
Nachdem sich mit der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise die Währungs- und Wirtschaftsunion anscheinend nur auf Kosten sozialer (und demokratischer) Rechtsstandards auf nationaler Ebene wieder festigen konnte, drängt die Frage nach der sogenannten dritten Union, der Sozialunion, im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament massiv in den Vordergrund.
Drei Millionen Griechinnen und Griechen, damit fast ein Drittel, verfügen über keine Gesundheitsversicherung mehr. In den Krisenländern herrscht eine Jugenderwerbslosigkeit von teilweise bis zu 60 Prozent, es wird von der verlorenen Generation gesprochen. Insgesamt liegt die Arbeitslosigkeit in der EU auf einem Niveau von über 10 Prozent. Mehr als 26 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürger sind betroffen. In Spanien sind schätzungsweise eine halbe Million Familien aus ihren Häusern und Wohnungen, deren Kredite sie nicht mehr abzahlen konnten, zwangsgeräumt worden. Wider geltendes EU-Recht, wie der EuGH im März 2013 feststellte. Der Verbraucherschutz war in vielen Hypothekenverträgen nicht hinreichend gewährleistet worden.
Diese Beispiele verdeutlichen vor allem eins: Die Folgen der Krise wurden im gemeinsamen Binnenmarkt EU, also im Bereich der Wirtschaftsunion, ebenso wie die Folgen der Krise in der Eurozone (also der Währungsunion), in erster Linie kompensiert auf Kosten der Bevölkerungen. Die Stabilisierung des Bankensektors wurde mit härtesten Einschnitten in den sozialen Sicherungssystemen und auf dem Arbeitsmarkt bezahlt.
Vielleicht hätte der massive Angriff auf soziale und demokratische Standards (wir erinnern uns der Inthronisierung nicht gewählter Regierungschefs in Griechenland und in Italien, um den Irrweg der Troikapolitik fortsetzen zu können) durch eine bereits bestehende Sozialunion abgewehrt, zumindest jedoch in seinen Auswirkungen für die Bevölkerungsmehrheit gemildert werden können. Vielleicht hätte er sich auch gegen die – noch zu entwickelnden – gemeinsamen europäischen sozialen Sicherungssysteme gerichtet. Sehr wahrscheinlich sogar. Doch unterlegt man die Idee einer Sozialunion mit einer weiteren Idee; unterstellt man, die Europäische Sozialunion wird nur dann Realität, wenn ihr das Prinzip internationaler Solidarität innewohnt; wären dann die erschreckenden oben genannten Zahlen dieselben? Tatsache ist aber jedenfalls, dass in Zeiten europäisierter Kapitalfreiheit und eines EU-Binnenmarkts einzel-nationalstaatlich organisierte Sozialsysteme keine wirksamen Schutzmechanismen mehr ausbilden können. Die weitgehende Erfolglosigkeit der Abwehrkämpfe griechischer und spanischer Bürger*innen gegen die Erpressungen der Troika zeigen diese Grenzen erschreckend deutlich auf. Auch die Tatsache, dass weite Teile der Deutschen „unser“ Sozialsystem von südeuropäischen „Sozialtouristen“ bedroht sehen, die – als EU-Binnenmarktbürger*innen – das Recht des Sozialsystems am Wohnort in Anspruch nehmen, spricht eine deutliche Sprache: Nationale Solidarsysteme können keine europäische Solidarität formen. Wir brauchen deshalb Sozialsysteme, die EU-weit Solidarität und nicht nationale Konkurrenz und Ausschluss generieren.
Die Idee der Harmonisierung sozialer Sicherungssysteme in der EU ist die Idee gelebter internationaler Solidarität. Die Zukunft der EU liegt in den Händen ihrer Bevölkerung. Was diese Hände tun, darüber entscheiden Herz und Kopf. Die EU als einen sozialen Schutzraum zu empfinden und zu erleben, hilft bei der Entscheidungsfindung. Deshalb müssen wir den Kampf um die Idee sozialer Solidarität EU-weit führen.
Dabei ist die Harmonisierung der Sozialsysteme in der EU nicht zuvorderst eine juristische Aufgabe, sondern eine politische. Bedeutet sie doch zweierlei: Erstens staatliche Souveränitätsrechte auf die supranationale Ebene zu verlagern und dort gestalten zu lassen und zweitens dafür durch überzeugende Konzepte und Ideen die Akzeptanz in den Bevölkerungen der jeweiligen Mitgliedstaaten „zu erarbeiten“ und durch diese Schritt für Schritt demokratisch legitimieren zu lassen.
Wie können konkrete Elemente einer Sozialunion gestaltet sein? Wie sähe etwa eine europäische Arbeitslosenversicherung aus, wie eine gemeinsame Alterssicherung? Ohne Zweifel kämen solche funktionierenden Systeme den heute am stärksten von den Auswirkungen der Krise betroffenen zugute.
Die Idee einer europäischen Arbeitslosenversicherung (EALV) ist bislang ein noch eher akademischer Diskurs, den jedoch - Obacht! - Herman Van Rompuy (Rat), Jean-Claude Juncker (Euro-Gruppe), José Manuel Barroso (Europäische Kommission) und Mario Draghi (Europäische Zentralbank) aufgegriffen und zur Stabilisierung der EWU wieder zur Debatte gestellt haben. Diesen Diskurs nicht den konservativen Eliten zu überlassen, sondern mit der Einführung einer wirklichen Sozialunion Europa zu kombinieren, ist linke Pflicht.
Wenn der Solidargedanke im Mittelpunkt eines Vorschlags zu gemeinsamen Sozialversicherungssystemen in Europa steht, dann muss sich die Höhe der Transferleistungen nicht bloß an der Frage der Löhne festmachen, sondern an der menschenwürdigen Existenzsicherung. Dies gilt insbesondere für die von den sozialen Verwerfungen am stärksten betroffenen Staaten. Der Grundstock solcher Transferleistungen ist politisch festzulegen und würde sich an den regionalen Gegebenheiten orientieren. In ihrem Europawahlprogrammentwurf fordert DIE LINKE eine Mindestsicherung von 60 Prozent des mittleren nationalen Nettoeinkommens. Vor diesem Hintergrund ist auch die grundlegende Entscheidung zu treffen, ob eine EALV umlagefinanziert - etwa über Lohnnebenkosten - oder steuerfinanziert werden sollte.
Wie könnte eine solche Versicherung konkret ausgestaltet sein? Denkbar wäre nach (dem eher liberal argumentierenden) Sebastian Dullien die Einführung einer Europäischen Basisarbeitslosenversicherung, die auf Grundlage von Lohnnebenkosten finanziert würde. Dies entspricht der gängigen Praxis der meisten EU-Mitgliedsstaaten. Die Einzahlung erfolgte wie gehabt national. Die Staaten würden Mittel aus den jeweiligen Einnahmen in einen europäischen Einheitsfonds tätigen, aus dem ein politisch festzulegender Basissatz gezahlt würde. Die Differenz zu den bestehenden nationalen Sätzen würde in den Ländern über die jeweils bestehenden Strukturen aufgestockt. Im Notfall – etwa bei langanhaltenden konjunkturellen Schwierigkeiten – erfolgten aus dem Fonds Ausgleichszahlungen in die Versicherungssysteme der am stärksten betroffenen Staaten. Das wäre gelebte europäische Solidarität, die einer derzeit verlorenen Generation zumindest die Würde erhielte.
Entscheidend ist, dass die EALV allgemeinverbindlich und gemeinnützig für alle Mitgliedsstaaten als ein Einstieg in eine echte Sozialunion eingeführt wird.
Dies gilt auch für die Frage einer gemeinsamen europäischen Alterssicherung. Eine Europäische Sozialunion bedarf der Harmonisierung der nationalen Rentensysteme. Dazu gehört zuvorderst die Übertragbarkeit von Rentenanwartschaften, die innerhalb der Altersversorgungssysteme der Mitgliedstaaten erworben werden. Dem steigenden Armutsrisiko im Alter muss in allen EU-Mitgliedsstaaten eine garantierte, individualisierte Mindestrente im Alter und bei Erwerbsminderung entgegengesetzt werden. Auch hier fordert DIE LINKE in ihrem Europawahlprogrammentwurf 60 Prozent des jeweiligen mittleren nationalen Nettoeinkommens. Und auch dies käme vielen Rentnerinnen und Rentnern in den von der Krise geplagten Ländern zu Gute.
Formal stehen die in anderen EU-Ländern erwirtschafteten Rentenanwartschaften zwar heute schon den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu. Faktisch jedoch wird das kaum durchgesetzt, denn dazu müsste die Arbeitnehmer*in ja z.B. ihre/seine in den Niederlanden oder Österreich erwirtschafteten Rentenanwartschaften im Alter bei der dortigen jeweiligen Rentenkasse anmelden und sich als quasi niederländische oder österreichische Rente auszahlen lassen. Das machen die wenigsten, denn die Anspruchsvoraussetzungen und Zuständigkeiten sind sehr verschieden und den Arbeitnehmer*innen/Rentner*innen meist völlig unbekannt. Deshalb verfallen diese entsprechend. Besser wäre es deshalb, wenn die ausländischen Rentenanwartschaften sozusagen in das jeweilige Heimatland „umgerechnet“ und von dort quasi aus einer Hand als eine in der EU erarbeitete Rente abgewickelt würden.
Neben der Übertragbarkeit der Anwartschaften sollte zukünftig auch über die Idee einer gemeinsamen europäischen Rentenkasse nachgedacht werden, die ähnlich strukturiert sein und funktionieren könnte, die oben anhand der Basisarbeitslosenverischerung geschildert. Solidarprinzip in schwierigen Zeiten inklusive. Aus dieser gemeinsamen Rentenkasse könnten etwa die harschen Einschnitte der griechischen Rentner*innen kompensiert werden.
Um soziale europäische Sicherungssysteme zu entwickeln, bedarf es entsprechender politischer Mehrheiten. Diese durch beharrliches Wirken zu schaffen, darin besteht die Aufgabe der LINKEN. EALV und gemeinsame Alterssicherung selbst können über eine Weiterentwicklung der EU-Verträge eingeführt werden, oder einfacher im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit, indem die erforderliche Anzahl an Mitgliedsstaaten (derzeit neun) sich dafür entscheidet.
Mit konkreten Vorschlägen zur Ausgestaltung einer europäischen Sozialunion kann sich DIE LINKE konstruktiv in die Debatte zur Zukunft der EU einbringen. Die Idee der Sozialunion, konsequent aus linker Perspektive argumentiert, enthält keine Absage an die Integration, sondern fordert weitere Integrationsschritte hin zu einer EU, mit der der soziale Frieden in Europa gesichert, die europäische Demokratie befördert und die Folgen der Krise beschränkt werden.
Zusätzlich würden die konkreten sozialpolitischen Projekten auf europäischer Ebene dazu beitragen, Vorbehalte gegen die europäische Integration abzubauen. Das ist gerade in den sogenannten prekarisierten Bevölkerungskreisen – nicht nur in der europäischen Peripherie, sondern in der gesamten EU – nötig, die bislang die Integration als negativ für ihre soziale Stellung begriffen haben. So manch Nationalem würde damit der Nährboden entzogen.
Martin Schirdewan ist Mitglied im Parteivorstand der LINKEN und will in den nächsten fünf Jahren für die europäische Sozialunion im Europäischen Parlament streiten.
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